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Maduro vor Amtseinführung: Das Regime in Venezuela ist nervös

Aus dem spanischen Exil gab Edmundo González seinen Anhängern ein Versprechen: „Ich werde am 10. Januar in Venezuela sein, um die Präsidentschaft zu übernehmen“, erklärte er im Dezember. Nach den offensichtlich gefälschten Wahlen hatte die regimetreue Justiz in Venezuela einen Haftbefehl gegen den oppositionellen Präsidentschaftskandidaten und Ex-Diplomaten erlassen und trieb ihn damit außer Landes. Jetzt ist González nach Südamerika zurückgekehrt und erhebt Anspruch auf das Präsidentenamt.

González droht bei seiner Einreise die sofortige Festnahme. Das Regime zog nochmals die Daumenschrauben an und setzte eine Belohnung von 100.000 Dollar für jeden aus, der Informationen über den Aufenthaltsort des Oppositionspolitikers liefert. Wie er nach Venezuela gelangen will, ließ der 75-Jährige offen. Er könne nichts voraussagen, da „die Umstände sehr kompliziert sind“, sagte González bei einer Pressekonferenz in Buenos Aires.

Am Freitag soll in Venezuela das neue Staatsoberhaupt vereidigt werden. Zum Sieger des Urnengangs vom 28. Juli hat sich Machthaber Nicolás Maduro erklären lassen, der das Land bereits seit 2013 mit harter Hand regiert.

Doch bis heute hat die regierungstreue Wahlkommission keine aufgeschlüsselten Ergebnisse vorgelegt. Die Opposition sammelte dagegen die Ergebnisse von mehr als 80 Prozent der elektronischen Wahlmaschinen des Landes und stellte sie ins Internet. Die Protokolle sollen zeigen, dass González doppelt so viele Stimmen wie Maduro erhalten hat. Zahlreiche Länder in Europa und Lateinamerika erkannten das von Maduro verkündete Wahlergebnis nicht an, aber sehen in González auch nicht den rechtmäßig gewählten Präsidenten. Diesen Schritt gingen nur die USA und einige lateinamerikanische Länder.

„Europa hat sich leider nicht deutlich genug positioniert“, sagt der aus Venezuela stammende Politikwissenschaftler Ivo Hernández. Er verweist darauf, dass die internationale Unterstützung für González in den vergangenen Wochen zugenommen habe. Ein Beispiel dafür ist das Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Montag im Weißen Haus.

Für González sei es auch wichtig, Vertraute aus dem Team von Donald Trump zu treffen, sagt Hernández, der aktuell in den USA lebt. Denn die US-Politik gegenüber Venezuela werde sich unter dem neuen Präsidenten verschärfen. Der designierte Außenminister Marco Rubio habe das mehrfach klargestellt. „Die Angst von Maduro darüber ist spürbar“, sagt Hernández.

Auf die friedlichen Proteste von Hunderttausenden Menschen reagierte das Regime in Venezuela mit der heftigsten Repressionswelle seit 60 Jahren. Mehr als 2.400 Regierungsgegner wurden festgenommen, 28 Menschen starben bei den Protesten. „Die Repression ist sehr effizient, mit einem starken Militär- und Geheimdienstapparat“, sagt Hernández.

Maduro verschärfte auch die Drohungen gegen Oppositionsführerin María Corina Machado, die sich seit den Wahlen an einem geheimen Ort aufhält. Wie auch gegen González wird sie mit Haftbefehl wegen Verschwörung, Sabotage und versuchten Staatsstreich gesucht.

Anders als von Maduros Anhängern erwartet, hat das Exil ihres Präsidentschaftskandidaten González die Opposition nicht entzweit. Machado und González versuchen in einer gemeinsamen Neujahrsbotschaft, den Venezolanern Hoffnung auf einen baldigen Machtwechsel zu machen. „Die Wahrheit wird triumphieren“, ruft Machado in dem auf X verbreiteten Video. „2025 wird das Jahr des Machtwechsels sein.“

Doch die Situation in Venezuela ist schwieriger als vor einem Jahr. Unmittelbar vor der Vereidigung ist die Nervosität des Regimes spürbar. Nachts patrouillieren schwer bewaffnete Polizeitrupps durch die Straßen. Das Verteidigungsministerium hat sogenannte schnelle Eingreiftruppen geschaffen, die Demonstrationen niederschlagen sollen.

Maduro selbst ruft die Menschen in den sozialen Medien auf, am Freitag auf den Straßen „die Zukunft Venezuelas“ zu feiern. Vieles spricht dafür, dass sich der 62-Jährige weitere sechs Jahre im Miraflores-Palast halten kann. Einzig das Militär, Maduros größter Machtfaktor, könnte aktuell einen Umsturz herbeiführen. Doch die Militärspitze steht hinter dem autokratischen Machthaber. Dennoch sieht der Politikwissenschaftler Hernández das Regime unter Maduro geschwächt. „Jeder Funke kann ein Feuer entfachen“, sagt er. „Wenn der richtige Funke käme, hätte das Regime überhaupt keine Chance mehr.“