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“Lösungen von oben herunter wird es nicht mehr geben”

Wenn der Paderborner Weihbischof Dominicus Meier von einem seiner bedeutendsten Telefonate der jüngsten Zeit berichtet, steht ihm das Staunen ins Gesicht geschrieben. Die Frage des Osnabrücker Amtskollegen Johannes Wübbe Ende Mai, ob er die Wahl zum katholischen Bischof von Osnabrück annehme, habe ihm erst einmal die Sprache verschlagen. Er habe so lange geschwiegen, dass Wübbe schließlich gefragt habe: „Hallo, bist du noch dran?“

Zwei Nächte habe er danach schlecht geschlafen. „Schließlich bin ich ja nicht mehr der Jüngste. Mit 65 denkt man erst mal: Muss das jetzt noch sein? Während andere in den Ruhestand gehen, sollst du noch mal ganz neu anfangen?“ Am Ende habe er aber gut Ja sagen können, erzählt der Benediktinermönch und lächelt. Er trägt seine schwarze Mönchskutte mit Kapuze. Am 8. September wird Dominicus im Dom St. Petrus in sein Amt eingeführt.

Als Michael Meier am 10. Juli 1959 im sauerländischen Finnentrop-Heggen geboren, schloss Dominicus sich in jungen Jahren den Messdienern an. „Blasmusik hätte ich auch gerne gemacht“, erinnert er sich lachend. Doch die Termine kollidierten: „Die Kapelle probte immer Sonntagsvormittags.“ Der kirchliche Dienst blieb seine erste Wahl. Er wurde Gruppenleiter und übernahm weitere ehrenamtliche Aufgaben.

Nach einer Ausbildung zum Justizfachangestellten und dem Abitur trat Meier 1982 in die Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede ein. „Ich habe das Klosterleben gewählt, weil ich die Gemeinschaft und vor allem das gemeinschaftliche Feiern der Liturgie liebe.“

Zugleich sei ihm geistliche Stille wichtig. „Und das ist benediktinische Spiritualität schlechthin.“ Im Kloster nahm er den Ordensnamen Dominicus an. Von 2001 bis 2013 leitete er das Kloster als Abt. Meier wurde 1989 zum Priester und 2015 zum Weihbischof in Paderborn geweiht.

Neben der Kirche ist Dominicus bis heute das Juristische erhalten geblieben. Der studierte Kirchenrechtler war unter anderem Diözesanrichter in Salzburg, Professor für Kirchenrecht und Vorsteher des Kirchengerichts in Paderborn. 2021 ernannte ihn Papst Franziskus zum Richter am Obersten Gericht im Vatikan.

Trotz Doktortitel, Professur und Bischofsamt – Dominicus gibt sich bodenständig. „Auf Augenhöhe“ wolle er mit möglichst vielen verschiedenen Menschen in seinem neuen Bistum ins Gespräch kommen und vor allem zuhören, betont er. Er ist überzeugt, dass viele Haupt- und Ehrenamtliche vor Ort schon Lösungen für Probleme wie leere Kassen oder leere Kirchen entwickelt haben: „Lösungen von oben herunter wird es in vielen Dingen nicht mehr geben.“

Die Erwartungen vieler Gläubigen an ihn sind hoch. Galt doch sein Vorgänger, der emeritierte Bischof Franz-Josef Bode, als besonders reformorientiert. Als einziger unter den deutschen Bischöfen war Bode wegen Versäumnissen im Umgang mit Missbrauchsfällen zurückgetreten. Er hatte zuvor einen Schutzprozess gegen sexualisierte Gewalt installiert, der bundesweit Beachtung fand, auch weil in dessen oberstem Kontrollgremium nicht-kirchliche Experten die Mehrheit haben.

Was Reformen angeht, zeigt der künftige Bischof Verständnis für die Ungeduld, die manche hegen. Er benennt aber auch klar die Grenzen. Die katholische Kirche sei nun einmal universal. „Unsere Vorstellungen von einer modernen Sexualmoral zum Beispiel weichen von denen in anderen Regionen der Welt teilweise drastisch ab“, erläutert Dominicus. An der Basis höre er auch immer wieder, dass Themen wie die Frauenweihe oder der Zölibat gar nicht die wirklich drängenden seien.

Und wobei entspannt sich der Theologe angesichts all dieser neuen Herausforderungen? Dominicus lacht. Immer werde er nach seinen Hobbys gefragt. Dabei habe er eigentlich keine. „Da kommt meine benediktinische Struktur durch. Ich möchte am Abend eher zur Ruhe kommen.“