„Climate Fiction“ – Literatur, in der die Klimakatastrophe eine zentrale Rolle spielt – hat sich nach Aussage der Literaturwissenschaftlerin Klaudia Seibel als eigenes Genre in der Science-Fiction-Literatur etabliert. „Apokalyptische Visionen, dass das Klima nicht so stabil bleibt wie gedacht, gibt es schon lange in der Science-Fiction“, sagte die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Phantastischen Bibliothek Wetzlar dem Evangelischen Pressedienst (epd). Mittlerweile sei die Klimaerzählung auch in der Mainstream-Literatur angekommen. Die Klimakrise komme in nahezu allen Erzählungen vor, die sich um die Zukunft der Erde drehen.
Den Begriff „Climate Fiction“ habe 2007 der US-Klimaaktivist Dan Bloom geprägt, seit 2010 sei er allgemein für Literatur gebräuchlich, die sich mit dem Klima in der Zukunft beschäftigt, erläuterte Seibel. In den aktuellen Romanen dieser Gattung werde mit verschiedenen – dystopischen wie auch optimistischen – Szenarien gespielt. Es werde immer erwähnt, dass die Erde sich erwärme, dabei würden aber unterschiedliche Lösungen präsentiert, erklärte die Anglistin.
Es gebe beispielsweise eine Bewegung „Solarpunk“, die das Klimaproblem im Einklang mit der Natur, in einer solidarischen Gemeinschaft, lösen will. Der US-Bestsellerautor Kim Stanley Robinson beschreibe in einem seiner Romane eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, weil angesichts der Klimakatastrophe das Kapital an Bedeutung verliert. In seinem aktuellen Werk „Das Ministerium für die Zukunft“ gehe es unter anderem um den Versuch einer Klimawährung.
Daneben gebe es Texte mit einem Erzählstrang, in dem Künstliche Intelligenz (KI) eine Lösung bietet. Der Münchner Schriftsteller Tom Hillenbrand entwickele eine Geschichte, in der ein Virus die Bevölkerung unfruchtbar macht. Im Buch „Pantopia“ von Theresa Hannig finde die KI eine positive Lösung, indem das Wirtschaftssystem umgekrempelt werde.
Den Schwerpunkt der Science-Fiction- wie auch der Climate-Fiction-Literatur bildeten die USA, „von da kommen spannende Sachen“. Aber auch deutsche Autorinnen und Autoren beschäftigten sich mit Klimaerzählungen, und sogar im Roman „Die drei Sonnen“ des chinesischen Autors Liu Cixin spiele das Klima eine Rolle.
Die Science-Fiction-Literatur nehme oft zukünftige Entwicklungen vorweg, erklärte Seibel. „Die Science-Fiction-Autoren beobachten sehr genau und drehen dann die Schrauben etwas weiter: Das ist der Trick der Autoren.“ Es existiere eine sehr enge Verbindung zwischen den Schreibenden und einer Gruppe technisch versierter Erfinder, weshalb insbesondere im technischen Bereich viele Vorhersagen aus der Science-Fiction Wirklichkeit wurden.
„Was Science-Fiction-Autoren aber nicht so gut können, ist, gesellschaftliche Entwicklungen vorwegzunehmen.“ Sie bezweifele daher, dass auch die Climate-Fiction-Literatur eine kommende Wirklichkeit vorwegnehme. Gesellschaftliche Entwicklungen verliefen zu komplex, sodass eine Vielzahl von Zukunftsvisionen möglich seien.
Die Phantastische Bibliothek Wetzlar ist eine Spezialbibliothek für fantastische Literatur. Mit einem Buchbestand von mehr als 300.000 Titeln pflegt sie nach eigenen Angaben die weltweit größte öffentlich zugängliche Sammlung fantastischer Literatur. Gründer und Leiter der Einrichtung ist der Autor Thomas Le Blanc.