Nothilfe wird in Libyen nach Angaben des Experten der Konrad-Adenauer-Stiftung, Thomas Volk, ohne die Milizen des Landes nicht möglich sein. „Es gibt in Libyen eine Symbiose von Staat und Milizen. Ohne sie ist die Hilfe nicht zu organisieren“, sagte Volk, der für die Stiftung das Regionalprogramm Politischer Dialog im Südlichen Mittelmeerraum leitet, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch in Kairo. Nach dem verheerenden Sturm in Libyen laufen allmählich die Hilfsmaßnahmen im großen Stil an.
Der Sturm „Daniel“ hatte Libyen am Sonntag erfasst und heftige Überschwemmungen ausgelöst. Es werden mehr als 5.000 Tote befürchtet. Zudem wurden noch rund 10.000 Menschen vermisst, wie das Rote Kreuz am Dienstagabend meldete.
Der Experte sagte mit Blick auf die von der Flutkatastrophe besonders betroffene östliche Stadt Derna, in der bis zu 100.000 Menschen lebten, dass ein Zehntel der Bevölkerung entweder tot oder vermisst sei. Ein Viertel des Stadtgebietes sei zerstört. Er rechnete damit, dass die Zahlen weiter steigen werden, weil stündlich neue Leichen entdeckt würden. „Das Wichtigste, was die Kommune nach eigenen Angaben braucht, sind Leichensäcke“, beschrieb er die Lage.
Viele Bewohnerinnen und Bewohner seien im Schlaf überrascht und nicht rechtzeitig gewarnt worden. „Es ist eine so nie dagewesene Katastrophe, zumindest was die vergangenen Jahrzehnte angeht.“ Dazu beigetragen habe auch die nicht vorhandene Staatlichkeit. Volk verwies darauf, dass die wegen der Wassermassen gebrochenen Dämme bereits in den 70er Jahren vom damaligen Jugoslawien erbaut worden seien. „Seitdem gab es im Grunde keine wesentliche Instandhaltung – schon gar nicht seit dem Umsturz 2011“. Es habe keine Aufsicht über die Qualität der Dämme gegeben.
Nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 haben Milizen die Macht in dem erdölreichen Wüstenland übernommen und es nach und nach ins Chaos gestürzt. Ein Bürgerkrieg spaltete Libyen in Machtbereiche im Osten und Westen mit zwei konkurrierenden Regierungen.