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Lettland: nein. Polen: vielleicht

Mit der Entscheidung für Pfarrerinnen tun sich die Lutheraner Osteuropas noch schwer. Dabei führen die Kirchen in Polen und Lettland unterschiedliche Argumente ins Feld

© epd-bild / Thomas Lohnes

In vielen Kirchen der Reformation in Europa sind Frauen im Pfarramt inzwischen selbstverständlich. Doch die Lutheraner im Osten des Kontinents tun sich damit generell noch schwer. Zwei Synoden werden dazu in den nächsten Monaten die Weichen stellen – in Polen und in Lettland.
Die Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen will am 2. April über die Einführung der Frauen-Ordination entscheiden. Ausgebildeten Theologinnen, die es in der Kirche gibt, ist es bislang nicht erlaubt, das heilige Abendmahl auszuteilen. Sie arbeiten als sogenannte Diakoninnen.
Seit 1984 wird das Thema in der Diaspora-Kirche mit ihren rund 75 000 Mitgliedern in dem ansonsten betont katholischen Land diskutiert. In der Kirchenleitung wird die Ordination nicht unbedingt abgelehnt, die Entscheidung jedoch eher verschleppt. Frauen im Amt werden als „nicht notwendig“ angesehen. Auch gibt es besonders in ländlichen Regionen Vorbehalte. Nicht zuletzt wird die Frage gestellt, wer denn die Pfarrerin ersetze, sollte sie schwanger werden.

Was, wenn die Pfarrerin schwanger wird?

Zudem stehen die Lutheraner in dem durch und durch katholischen Land unter dem latenten Verdacht, keine richtigen Polen zu sein. Weibliche Geistliche würden die Lutheraner noch weiter von den Katholiken entfernen, hört man oft als Bedenken. Immerhin wurde Polen 1997 bis 2001 von Jerzy Buzek, einem lutherischen Premier, regiert. Dessen Verwandter, Janusz Buzek, ein Politiker der konservativen Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“, gilt derzeit als der engagierteste Gegner der Ordination von Frauen. Er begründet dies mit der Unterordnung des weiblichen Geschlechts gegenüber dem männlichen in der Bibel. Auch fürchtet er die auf die Einführung der Frauenordination folgende Einführung von Homo-Ehen.
Doch da der derzeit leitende Bischof Jerzy Samiec selbst den Antrag auf Zulassung der Ordination stellt und sich vor allem in Warschau die Stimmung dafür öffnet, kann es gut sein, dass sich die 50-köpfige Synode für die Frauenordination entscheidet. Dazu ist allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.
Ganz anders sieht es in Lettland aus. Dort soll auf der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands (LELB) im Juni darüber abgestimmt werden, ob als Bedingung für die Ordinierung in das Pfarramt das Wort „männlich“ eingeführt wird. Die Zustimmung zu diesem Passus gilt als recht sicher.
Frauen sind zu einer vorbereitenden Konferenz im Oktober erst gar nicht eingeladen worden. Dabei gibt es in Lettland seit 1975 Pfarrerinnen. Die Frauenordination begann also zu einer Zeit, als das Land noch eine Sowjetrepublik war. Die Lutheraner machen in Lettland, anders als in Polen, die größte Religionsgemeinschaft des Landes aus. Von den knapp zwei Millionen Letten fühlen sich nach der letzten Zählung rund 500 000 offiziell der LELB zugehörig.
Doch der derzeitige Erzbischof Janis Vanags ordiniert seit seinem Amtsantritt im Jahr 1993 keine Frauen mehr. Er argumentiert mit dem Korintherbrief, nach dem die Frauen in der Gemeinde zu schweigen haben. Sollte man eine Stelle in der Bibel infrage stellen, so könnte man auch gleich die ganze Bibel infrage stellen, so sein Argument. Vanags ist geprägt durch seine Erfahrungen in der Sowjetunion. Er ist davon überzeugt, dass die liberale Theologie dem Druck eines autoritären Systems generell nicht gewachsen ist.
Zudem soll bei der kommenden Synode auch die Kirchenleitung verändert werden. Ähnlich wie in der anglikanischen Kirche soll es künftig ein Drei-Kammer-System geben. Was die Art der Mitbestimmung weniger synodal und dafür mehr episkopal macht: Von den drei Bischöfen der Kirche können dann zwei (Zweidrittelmehrheit) viele Entscheidungen blockieren.

Bund der Pfarrerinnen wird beschimpft

Für die Pfarrerinnen in Lettland, die bis 1992 ordiniert wurden, soll sich allerdings nichts ändern. Sie dürfen bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Dienst weiterhin tätig sein. Dennoch ist die derzeitige Atmosphäre innerhalb der Kirche belastet. Laut Alesja Lavrinowica, Redakteurin der Webseite der lettischen Theologinnen, findet keine Diskussion zu diesem Thema statt, dafür sei der „Bund der Theologinnen Lettlands“ auf seiner Webseite von Seminaristen und Pastoren der Lutherischen Kirche unflätig beschimpft worden. Erzbischof Vanags, so ihr Vorwurf, würde die Kirche auf eine „sowjetische“ Art und Weise leiten.
Markus Schoch, Pfarrer der unabhängigen „Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland“, die insgesamt fünf Gemeinden umfasst, stellt zumindest eine resignative Stimmung „unter den aufgeschlosseneren Pfarrern und Gemeindegliedern“ der LELB fest. „Auch aufgrund der fest gefügten hierarchischen Strukturen.“
Wenn man sich mit lauten Stellungnahmen auch noch zurückhält: Es rumort ebenso bei den Partnerkirchen von Lettlands Lutheranern in Deutschland sowie bei diversen Hilfswerken.