Der Lehrerverband VBE hat die NRW-Landesregierung aufgefordert, vermehrte Dienstaustritte von Lehrkräften und weiterem Schulpersonal „nicht einfach hinzunehmen“. Es reiche nicht, darauf hinzuweisen, dass es sich dabei „wahrscheinlich um natürlich Fluktuationen in der Arbeitswelt“ handele, kritisierte die NRW-Landesvorsitzende des VBE, Anne Deimel, am Montag in Dortmund. „Viele Kolleginnen und Kollegen an den Schulen fühlen sich überlastet und alleingelassen.“
Das NRW-Schulministerium hatte am Sonntag dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigt, dass im vergangenen Jahr 930 Menschen aus dem Schuldienst ausgeschieden sind – 132 mehr als 2022. Zuvor hatte der WDR darüber berichtet. Viele Lehrerinnen und Lehrer könnten der Individualität der Schüler „in den viel zu großen Lerngruppen“ nicht gerecht werden, beklagte die Vorsitzende des VBE. Die Personalausstattung sei zu klein und an vielen Schulen fehlten immer noch multiprofessionelle Teams.
Das schlechte Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler bei Leistungsuntersuchungen wie PISA oder IGLU führt nach Ansicht Deimels nicht dazu, die Rahmenbedingungen an den Schulen zu verbessern, damit das Lehrpersonal „effektiv Zeit“ habe, „Kinder und Jugendliche gut zu unterrichten und zu fördern“. Vielmehr würden die Kollegien verpflichtet, neue Konzepte zum Lernen umzusetzen. Die immer wieder versprochene Entlastung fühlten die Beschäftigten in den Schulen nicht, betonte die Verbandschefin.
Um den steigenden Zahlen von Dienstaustritten entgegentreten zu können, verlangte Deimel eine Analyse, welche Berufsgruppen ihren Job quittierten, welche Gründe zur individuellen Kündigung geführt hätten und welche Schulformen betroffen seien. Die Landesregierung solle außerdem Beratungsmöglichkeiten für Beschäftigte anbieten, die überlegten, den Schuldienst zu verlassen.
Zur gestiegenen Zahl der Austritte aus dem Schuldienst hatte ein Sprecher des NRW-Schulministeriums darauf verwiesen, dass Ende 2023 (Stand: 1. Dezember) insgesamt rund 5.000 Menschen mehr an den Schulen in Nordrhein-Westfalen gearbeitet hätten als noch ein Jahr zuvor. Die Zahl der Berufswechsel im Schulbereich sei im Vergleich zu anderen Bereichen in Wirtschaft und Verwaltung keine Ausnahme und lasse sich auf den allgemeinen Fachkräftemangel zurückführen.
Laut Ministerium arbeiteten 2023 insgesamt 154.628 Beamtinnen und Beamte sowie 25.982 unbefristet tätige Tarifbeschäftigte im NRW-Schuldienst. Im Sommer 2023 habe landesweit Personal im Umfang von rund 6.700 Lehrerstellen gefehlt. Der Bedarf der Schulen sei zu dem Zeitpunkt im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 6.000 Stellen angestiegen.