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Lauterbach und Deutsche Bahn erhalten “Big Brother Awards”

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die Deutsche Bahn und die Polizei in Sachsen haben am Freitagabend in Bielefeld die Negativ-Auszeichnung „Big Brother Awards 2024“ erhalten. Weitere Awards gingen unter anderem an die Handelsplattformen Temu und Shein. Zudem wurde ein zunehmender „Technikpaternalismus“ kritisiert, der die Menschen bevormunde. Bürgerrechtsgruppen vergeben die Negativpreise jährlich an Firmen, Organisationen und Politiker, um auf Datenschutzverstöße hinzuweisen.

Gesundheitsminister Lauterbach erhielt die Negativ-Auszeichnung in der Kategorie „Gesundheit“ für den von ihm mitverantworteten Europäischen Gesundheitsdatenraum („European Health Data Space“) und dessen deutsche Umsetzung mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Nach Ansicht von Digitalcourage wird damit unter unzureichenden Schutzvorkehrungen die Verarbeitung und Weitergabe sensibler Gesundheitsdaten ermöglicht. Damit werde die ärztliche Schweigepflicht als zentraler Grundsatz der Medizin über Bord geworfen, hieß es.

Die Deutsche Bahn wurde in der Kategorie „Mobilität“ für einen zunehmenden „Digitalzwang“ gerügt. Dieser mache anonymes Reisen nach und nach unmöglich. Immer mehr Fahrkarten biete die Bahn nur noch digital und personalisiert an, hieß es in der Begründung. Fahrgäste würden zur Nutzung der App „DB Navigator“ gedrängt, die sogenannte Tracker einsetze.

Die Polizei Sachsens mit dem zuständigen Innenminister Armin Schuster (CDU) wurde in der Kategorie „Behörden und Verwaltung“ für ein videogestütztes „Personen-Identifikations-System“ kritisiert, das mit einem Vorgehen gegen grenzüberschreitende Kriminalität begründet werde. Damit könnten hochempfindliche Kameras selbst durch Autoscheiben hindurch Gesichter aufnehmen und biometrisch scannen. Bei einer dauerhaften Überwachung von vorbeifahrenden Autos würden jedoch viele unbeteiligte Menschen biometrisch erfasst, hieß es in der Begründung.

Weitere Negativ-Auszeichnungen gingen an die Handelsplattformen Temu und Shein in der Kategorie „Verbraucherschutz“. Diese Plattformen, die chinesische Eigentümer hätten und in Irland registriert seien, würden die Rechte von Nutzern und Kunden durch ihre Datenschutzgrundsätze und Allgemeine Geschäftsbedingungen stark begrenzen oder ganz ausschließen. Nach Ansicht von Digitalcourage werde damit unter anderem eine Verarbeitung von Kundendaten in China ermöglicht.

In der Kategorie „Trends“ wurde ein zunehmender „Technikpaternalismus“ kritisiert. Die Technik habe die Rolle des Familienoberhaupts übernommen, das alles besser wisse und einem ständig sage, was man tun oder lassen solle, hieß es in der Begründung. Es sei zwar verlockend, immer mehr Funktionen Suchmaschinen und Smartphones zu überlassen. Je weniger Überblick jedoch man selbst habe, umso anfälliger werde man für Manipulationen.

Die deutschen „Big Brother Awards“ werden seit dem Jahr 2000 jährlich vom Verein Digitalcourage gemeinsam mit weiteren Bürgerinitiativen vergeben. Im vergangenen Jahr ging der Negativpreis unter anderem an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wegen des sogenannten Plattformen-Steuertransparenzgesetzes sowie an die Deutsche Post DHL Group für die Umstellung ihrer Packstationen auf eine reine Smartphone-Bedienung.