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Landeskirche kündigt rechtliche Prüfung an

Unbekannte hatten das Hakenkreuz auf der Glocke heimlich entfernt. Jetzt reagiert die hannoversche Landeskirche.

NS-Inschrift und Hakenkreuz haben Unbekannte von der Glocke entfernt
NS-Inschrift und Hakenkreuz haben Unbekannte von der Glocke entferntHannoversche Landeskirche

Schweringen/Kr. Nienburg. Nach der heimlichen Entfernung des Hakenkreuzes und eines aus der NS-Zeit stammenden Schriftzuges von einer Kirchenglocke in Schweringen bei Nienburg hat die hannoversche Landeskirche eine rechtliche Prüfung des Vorfalls angekündigt. Es müsse jetzt geprüft werden, ob es sich dabei um eine strafbare Sachbeschädigung handele, sagte der Leiter der Rechtsabteilung im Landeskirchenamt, Oberlandeskirchenrat Rainer Mainusch. Zuvor war bekanntgeworden, dass Unbekannte das Nazi-Symbol vermutlich mit einer Flex entfernt hatten. Der Umgang mit der Glocke hatte in den vergangenen Wochen für heftigen Streit in der Kirchengemeinde gesorgt. 
Der Kapellenvorstand in Schweringen habe als Eigentümer der Glocke mehrheitlich deutlich gemacht, dass er keinen Strafantrag stellen werde, sagte Mainusch weiter. Es bleibe aber abzuwarten, ob die zuständige Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejahe und von sich aus Ermittlungen einleite. Ein Polizeisprecher in Nienburg bestätigte auf epd-Anfrage, dass keine Anzeige in der Sache eingegangen ist. Die Polizei sei mit den zuständigen Kirchengremien "im Austausch".

Schaden soll geschätzt werden

Oberlandeskirchenrat Mainusch sagte weiter: "Natürlich ist es zunächst einmal zu begrüßen, wenn es ein Hakenkreuz weniger gibt." Allerdings habe die eigenmächtige Entfernung des Hakenkreuzes und des Schriftzugs aus Sicht der Landeskirche den Aufarbeitungsprozess in Schweringen "eher erschwert als vorangebracht". Die notwendige Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und ihren Folgewirkungen in der Gegenwart lasse sich "nicht mit einer Flex bewältigen".
"Wir sehen die Verantwortlichen in der Kirchengemeinde jetzt in der Pflicht, den Aufarbeitungsprozess weiter fortzuführen", fügte Mainusch hinzu. "Als Landeskirche sind wir gerne bereit, diesen Prozess zu begleiten und zu unterstützen." Als nächsten Schritt kündigte Mainusch die Begutachtung der Glocke durch einen Sachverständigen an. Dieser solle feststellen, "wie schwerwiegend die Beschädigung der Glocke ist".
In der Gemeinde war der Streit um die Glocke mit dem Hakenkreuz zuletzt eskaliert. Pastor Jann-Axel Hellwege hatte eine Entscheidung des Kirchenvorstands angefochten, der die Glocke behalten und weiter nutzen wollte. Auch der "Runde Tisch gegen Rassismus und rechte Gewalt in Stadt und Landkreis Nienburg" forderte die Gemeinde in Schweringen auf, ihre mit Nazi-Symbolen versehene Glocke abzuhängen. 

Umfrage in Gemeinden

Die 1934 gegossene und aufgehängte Glocke war im Herbst stillgelegt worden. Zuvor war bekanntgeworden, dass sie ein 35 mal 35 Zentimeter großes Hakenkreuz mit einer nationalistischen Inschrift trägt. Nach Querelen um eine ebenfalls mit Nazi-Symbolen ausgestattete Glocke im pfälzischen Herxheim am Berg hatte die hannoversche Landeskirche in ihren Gemeinden eine Umfrage gestartet, wo es noch entsprechende Glocken gibt. 
Außer in Schweringen wurde dabei eine weitere "Nazi-Glocke" in Faßberg bei Celle entdeckt. Diese soll demnächst durch eine neue Glocke ersetzt werden. Bundesweit tauchten neben den beiden Glocken in Niedersachsen fünf "Nazi-Glocken" in evangelischen Kirchen in der Pfalz auf, dazu zwei in Berlin und eine in Saarland. (epd)