Celle/Bergen-Belsen. Das Land Niedersachsen, jüdische Gemeinden und die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten haben an die Befreiung des Konzentrationslager Bergen-Belsen vor 76 Jahren erinnert. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) sagte: “Wie wichtig und notwendig unser gemeinsames Gedenken und Erinnern an die Verbrechen und die Opfer des Nationalsozialismus ist, wurde uns in den letzten Wochen und Monaten immer wieder vor Augen geführt.” In der wegen der Corona-Pandemie nichtöffentlichen Veranstaltung legten Tonne, Michael Fürst als Landesvorsitzender jüdischer Gemeinden und die Leiterin der Gedenkstätten-Stiftung, Elke Gryglewski, stellvertretend Kränze vor einem Mahnmal der Gedenkstätte nieder.
Tonne erinnerte an die Querdenker-Demonstrationen, bei denen immer wieder auch Verschwörungsphantasien mit antisemitischen und rassistischen Anklängen zu hören seien und die NS-Diktatur verharmlost werde. “Dass sich einige junge Menschen im Widerstand gegen den Staat wähnen und sich mit den Geschwistern Scholl vergleichen oder andere sich mit Anne Frank identifizieren, weil sie sich als Opfer staatlicher Willkürmaßnahmen erachten, halte ich für hochgradig besorgniserregend”, sagte er laut Redemanuskript.
Was jetzt gefragt ist
Nötig sei ein entschlossenes Handeln gegen Hass, Hetze und Geschichtsrevisionismus, betonte der Minister. Das Land investiere deshalb in Demokratiebildung an Schulen oder auch den Gedenkstätten. Tonne richtete einen besonderen Gruß an die Überlebenden des Lagers, die erneut nicht anreisen konnten. Bereits im vergangenen Jahr hatte eine geplante große Veranstaltung 75 Jahre nach der Befreiung wegen der Pandemie nicht stattfinden können. Dazu waren Tausende Gäste erwartet worden, unter ihnen auch mehr als hundert Überlebende aus aller Welt.
In Bergen-Belsen starben mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangene. Unter ihnen war das jüdische Mädchen Anne Frank, das durch sein Tagebuch weltberühmt wurde. Am 15. April 1945 befreiten britische Truppen das Lager. Sie fanden Tausende unbestattete Leichen und Zehntausende todkranke Menschen vor.
Wenn Worte fehlen
Gryglewski sagte, oft werde die Befreiung auch als Abschluss des Leidens der Überlebenden dargestellt. Doch sei in den Menschen verhaftet geblieben, was sie in den Lagern durchlitten hätten. “Oft sprachen sie lange Zeit nicht, weil die Worte fehlten, um das Unbeschreibliche zu beschreiben. Oft wollten die Umgebungen nicht wirklich wissen, was erlebt wurde.” Es bleibe eine zentrale Aufgabe der Gedenkstätte, an die Verbrechen zu erinnern und der Opfer zu gedenken. (epd)