In der Kunststätte Bossard in Jesteburg bei Hamburg sind bei Sanierungsarbeiten 22 Leinwände eines Monumentalgemäldes sowie weitere Arbeiten des Gründers Johann Michael Bossard (1874-1950) gefunden worden. In einem nicht zugänglichen Dachraum hätten Dachdecker die mehr als 100 Jahre lang eingelagerten Werke entdeckt, sagte Museumsleiterin Heike Duisberg-Schleier am Mittwoch. „Dieser sensationelle Fund ist ein bedeutender Gewinn für unser Museum.“
Von dem Monumentalgemälde „Tatkraft“ aus dem Jahr 1907/08 besitze die Kunststätte zwar Einzelstudien sowie historische Fotografien, erläuterte sie. Der Verbleib des aus vermutlich 27 Einzelleinwänden bestehenden Gemäldes mit einer Gesamtlänge von 18 Metern und einer Höhe von etwa fünf Metern sei aber nicht geklärt gewesen. Von den neu aufgetauchten Werken erhofft sich Duisberg-Schleier neue Perspektiven auf das Werk des Künstlers.
Die Kuratorin und stellvertretende Leiterin des Museums, Katharina Groth, bezeichnete das Gemälde als wichtiges Schlüsselwerk. Mit ihm habe sich Bossard zum Antritt seiner Stelle als Lehrer für Bildhauerei an der Kunstgewerbeschule Hamburg und als Monumentalkünstler vorgestellt und auf anschließende Aufträge gehofft. Über den weiteren Umgang mit den Funden will die Kunststätte in den kommenden Monaten entscheiden. Erste Ideen, diese in den Mittelpunkt einer Sonderausstellung im Winter 2025 zu stellen, gebe es bereits.
Johann Michael Bossard hatte in den 1930er Jahren gemeinsam mit seiner Frau Jutta begonnen, die Kunststätte mit einem Wohn- und Atelierhaus sowie mit Bildhauerei, Malerei und Gartenkunst als ein Gesamtkunstwerk zu errichten. Im Zusammenhang mit einer geplanten Erweiterung der Kunststätte war vor einigen Jahren eine Kontroverse über eine mögliche Nähe der Bossards zum NS-Regime entbrannt.
Laut einem daraufhin von der Kunststätte in Auftrag gegebenen Gutachten des Münchner Historikers Tobias Hof stand Bossard in seiner Denktradition und Vorstellungswelt den Nationalsozialisten nahe. Andererseits sei er kein aktiver Unterstützer der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik gewesen.