Artikel teilen

Kunsthistorikerin: Nachnutzung von Kirchen gemeinsam entscheiden

“Die Kirchen gehören nicht nur den Kirchen” – Kunsthistorikerin Barbara Welzel mahnt eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Nachnutzung nicht mehr gebrauchter Kirchenbauten an. Was es dafür braucht: Viel Zeit.

Über die weitere Nutzung nicht mehr gebrauchter Kirchenbauten sollen aus Sicht der Kunsthistorikerin Barbara Welzel die Kirchen nicht alleine entscheiden. Kirchen gehörten nicht nur den Kirchen, sondern seien “öffentliche Orte” und Gemeingüter, schreibt die in Dortmund lehrende Forscherin in einem Gastbeitrag der “Welt” (Mittwoch). “Um diesem Anspruch der Bauten gerecht zu werden, braucht es neue tragfähige Formen der Trägerschaft.”

In Deutschland gebe es rund 40.000 Kirchenbauten, von denen einige schon nicht mehr zu liturgischen Zwecken, also für Gottesdienste gebraucht würden. Das sei auf den Mitgliederschwund der Kirchen zurückzuführen. Dieser sorge aber ferner dafür, dass die Einnahmen durch die Kirchensteuer zurückgingen. Gleichzeitig werde weiter über eine Ablösung der sogenannten Staatsleistungen an die Kirche debattiert. “Zu befürchten steht, dass die künftigen, auf einen harten Sparkurs verpflichteten Finanzkonzepte der Kirchen und der mögliche Rückzug des Staates aus seiner Mitfinanzierung der Kirchen den Verlust großer Teile des kulturellen Erbes Europas und zentraler Orte des Gemeinwesens als Kollateralschäden in Kauf nehmen”, mahnte Welzel.

Den Kirchen hält die Kunsthistorikerin eine Art “Selbstaufgabe” vor, wenn sie diesen Umgestaltungsprozess ohne Kooperationen angehen wollen würden. Stattdessen schlägt sie eine “Phase Null” vor der Abwicklung der Kirchenbauten vor. In diesem Prozess sollten alle möglichen Beteiligten und Expertisen zusammengeholt werden und über die Zukunft der Bauten beraten. Wichtig sei, so Welzel, dass sie nicht in private Hand gingen, sondern zur Verfügung ständen “für erweiterte oder neue Nutzungen, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind”. Ein stiftungsfinanziertes Moratorium könne dabei den Verwaltungsdruck herausnehmen. “Benötigt wird Raum für breitere Expertise, für Fantasie und Beteiligung”, forderte Welzel.