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Kritik aus der Ukraine an Papstworten zur “Weißen Fahne”

Hat der Papst die Ukraine aufgefordert, die weiße Flagge zu hissen und sich Putin zu ergeben? Während der Vatikan sich um Schadensbegrenzung bemüht, ist die Aufregung in der Ukraine groß.

In der Ukraine stößt eine Interview-Äußerung von Papst Franziskus zum “Mut zur weißen Fahne” und zu Verhandlungen mit Russland auf Unverständnis. Der ukrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Andrij Jurasch, fragte am Wochenende auf der Online-Plattform X, ob im Zweiten Weltkrieg jemand mit Hitler ernsthaft über Frieden gesprochen und die weiße Fahne geschwenkt habe, um ihn zu befrieden. Mit Blick auf Moskau und den russischen Präsidenten Wladimir Putin fügte Jurasch hinzu, die Lektion aus der Geschichte sei: “Wenn wir den Krieg beenden wollen, müssen wir alles tun, um den Drachen zu töten!”

Die ukrainische Menschenrechtsaktivistin Oleksandra Matwijtschuk erinnerte in ihrer Reaktion auf die Papstworte daran, dass eine Kapitulation für die Ukraine russische Besatzung bedeute. Das heiße “Folter, sexuelle Gewalt, zwangsweises Verschwinden, Ablehnung der eigenen Identität, Zwangsadoption der eigenen Kinder, Filtrationslager und Massengräber”, sagte Matwijtschuk. “Die Besatzung ist nur eine andere Form des Krieges”, so die Vorsitzende des Kiewer Zentrums für bürgerliche Freiheiten, das 2022 den Friedensnobelpreis erhielt.

Die Co-Gründerin des “Internationalen Zentrums für den Ukrainischen Sieg”, Olena Haluschka, schrieb auf X: “Der Papst sollte endlich den Mut haben, einen Aggressor zu verurteilen, anstatt dem Opfer vorzuwerfen, dass es sich gegen einen Völkermord wehrt.”

Unterdessen versuchte der Vatikan, die umstrittenen Äußerungen des Papstes einzuordnen. Das zum Heiligen Stuhl gehörende Online-Portal Vatican News verbreitete am Sonntag in mehreren Sprachen, darunter auch Ukrainisch, einen Bericht über eine entsprechende Erklärung von Vatikansprecher Matteo Bruni. Demnach präzisierte Bruni, der Papst habe damit “vor allem zu einem Waffenstillstand aufrufen und den Mut zu Verhandlungen wiederbeleben” wollen.

In dem am Samstagabend von Medien verbreiteten Interview-Ausschnitt des Papstes habe Franziskus das vom Interviewer eingeführte Bild der weißen Fahne aufgegriffen. Sinn der Aussage sei, dass er sich eine “diplomatische Lösung für einen gerechten und dauerhaften Frieden” wünsche, so Bruni.

“An anderer Stelle des Interviews, in dem er von einer anderen Konfliktsituation spricht, sich aber auf jede Kriegssituation bezieht, stellt der Papst weiter klar, dass eine Verhandlung ,niemals eine Kapitulation’ ist”, zitiert das Portal den Vatikan-Sprecher.

In dem Interview fragte der Journalist Lorenzo Buccella den Papst: “In der Ukraine gibt es diejenigen, die den Mut zur Kapitulation, zur weißen Fahne, fordern. Aber andere sagen, dass dies die Stärksten legitimieren würde. Was sagen Sie dazu?” Darauf antwortete Franziskus: “Das ist eine Interpretationsweise. Aber ich denke, dass der stärker ist, der die Situation erkennt, der an das Volk denkt, der den Mut zur weißen Flagge hat, zu Verhandlungen. Und heute kann man mit der Hilfe der internationalen Mächte verhandeln. Das Wort ,verhandeln” ist ein mutiges Wort.”

Weiter sagte der Papst, im Krieg in der Ukraine gebe es viele, die vermitteln wollten, etwa die Türkei und andere. “Schämt euch nicht, zu verhandeln”, appellierte Franziskus.

Bruni sagte dazu, der Wunsch des Papstes sei derselbe, den er in den letzten Jahren immer wieder geäußert und kürzlich anlässlich des zweiten Jahrestages des Konflikts wiederholt habe. Am 25. Februar hatte der Papst beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz gesagt: “Während ich meine tiefe Zuneigung für das gefallene ukrainische Volk erneuere und für alle bete, insbesondere für die zahllosen unschuldigen Opfer, bitte ich darum, dass ein wenig Menschlichkeit gefunden wird, die es erlaubt, die Bedingungen für eine diplomatische Lösung auf der Suche nach einem gerechten und dauerhaften Frieden zu schaffen.”