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Kritik an Umgang des Bistums Hildesheim mit Missbrauchsklage

Ein mutmaßlicher Betroffener sexualisierter Gewalt fordert Schmerzensgeld vom katholischen Bistum Hildesheim. Das aber lehnt die Forderung ab. Eine Bankrotterklärung, meint ein Betroffenenvertreter.

Der Umgang des katholischen Bistums Hildesheims mit der Schmerzensgeldklage eines mutmaßlichen Missbrauchsbetroffenen stößt auf Kritik. Dass das Bistum sich auf Verjährung der geschilderten Taten berufe, sei eine Bankrotterklärung, schreibt der Sprecher des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, in einem Gastkommentar auf dem Münsteraner Internetportal kirche-und-leben.de (Freitag). Damit mache die Kirche wieder einmal deutlich, dass es ihr um Eigenschutz und nicht um das Wohl des Betroffenen gehe. “Für eine sich als weltweit moralsetzend definierende Instanz ist das schlicht verwerflich.”

Vor dem Landgericht Hildesheim beginnt am Freitag der Prozess des ehemaligen Messdieners Jens Windel. Er ist nach eigener Aussage als Kind Mitte der 1980er Jahre von einem Priester über zwei Jahre hinweg wiederholt sexuell schwer missbraucht worden. Deshalb hat er die die Diözese auf mindestens 400.000 Euro Schmerzensgeld plus Zinsen verklagt. Das Bistum weist seine Forderung bislang zurück und beruft sich darauf, dass die geschilderten Taten verjährt seien. Zuvor hatte es eine außergerichtliche Einigung abgelehnt.

Die Klage sei Ausdruck der tiefen Unzufriedenheit mit dem bisherigen Schadensausgleich durch das Bistum, führt Norpoth aus. “Betroffene beklagen schon lange die zu geringen Leistungen und Intransparenz.” Die von der kirchlich eingesetzten Unabhängigen Anerkennungskommission beschlossenen Beträge könnten nicht nachvollzogen werden, da die Bescheide nicht begründet würden.

“Trotz dieser Kritik verweigern die Bischöfe notwendige Anpassungen”, so Norpoth. “Statt das System betroffenenorientiert weiterzuentwickeln, treiben sie Opfer vor zivile Gerichte. Das allein ist schon beschämend genug, denn für die Betroffenen bedeutet der Klageweg eine unvorstellbare Belastung, die weit über das menschlich Zumutbare hinaus geht.”

Norpoth sieht nicht nur die Bischöfe, sondern alle Kirchenmitglieder in der Verantwortung: “Solange Gemeinde- und Diözesanräte bis hin zum Zentralkomitee der deutschen Katholiken, katholische Verbände von der Orts- bis zur Bundesebene beharrlich schweigen, statt sich aktiv und laut an die Seite der Betroffenen zu stellen, solange machen sie sich gemein mit einer sich nur selbst schützenden und Opfer diskreditierenden Institution.”