Setzt die Ukraine bald offiziell Antipersonenminen gegen russische Angreifer ein? Mit einem Dekret hat die Regierung die Voraussetzung dafür geschaffen. Doch Helfer warnen vor verheerenden Folgen.
Die Hilfsorganisation Handicap International kritisiert den Austritt der Ukraine aus einem internationalen Abkommen zur Ächtung von Antipersonenminen. Der Ausstieg inmitten eines bewaffneten Konflikts sei nicht zulässig, hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung. “Der Einsatz von Antipersonenminen ist seit 30 Jahren auf dem europäischen Kontinent verboten. Jetzt sind sie zurück, und das ist tragisch”, sagte Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte kürzlich ein Dekret unterzeichnet, das den Ausstieg aus der sogenannten Ottawa-Konvention vorsieht. Der 1999 in Kraft getretene Vertrag verbietet Einsatz, Produktion und Weitergabe von Antipersonenminen. Der Konvention haben sich weltweit mehr als 160 Staaten – darunter Deutschland – angeschlossen. Unter dem Eindruck der russischen Bedrohung erklärten zuletzt jedoch mehrere Länder, sich von dem Abkommen lösen zu wollen. Auch die Regierung in Kiew verwies darauf, dass Russland massenhaft Minen einsetze. Man müsse darauf entsprechend reagieren.
Handicap International forderte die internationale Gemeinschaft auf, “alle erforderlichen diplomatischen Maßnahmen zu ergreifen”, um diese Entwicklung zu stoppen. Zwar habe die Ukraine das Recht, sich in dem andauernden Krieg zu verteidigen. Doch Antipersonenminen seien in erster Linie eine Gefahr für die Zivilbevölkerung. “Weltweit sind über 84 Prozent der Opfer von Landminen Zivilistinnen und Zivilisten”, betonte Expertin Fischer. Die Waffen kontaminierten Gemeinden, Felder und Straßen und behinderten den Wiederaufbau für Jahrzehnte.