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Kritik an fehlender Bildungspolitik Frankreichs in Übersee

Viele Kinder in Frankreichs Überseegebieten haben keinen Zugang zu Bildung, beklagen Menschenrechtler. Ein Grund: eine strenge Migrationspolitik. Ein Gesetzentwurf sei nun die Chance, langjährige Versäumnisse abzubauen.

Human Rights Watch (HRW) wirft Frankreich fehlende Bildungschancen im Überseegebiet Mayotte vor. Ein Grund seien die starke Einwanderung aus den benachbarten Komoren und eine strenge Migrationspolitik, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag in Paris. Der Gesetzentwurf zur Wiederaufbauhilfe für das Übersee-Departement, der derzeit der französischen Nationalversammlung vorliegt, müsse auch den Zugang zu Bildung und andere grundlegende wirtschaftliche und soziale Rechte von Kindern beinhalten, fordert HRW.

Mayotte, im Indischen Ozean nordwestlich von Madagaskar gelegen, sei von den französischen Behörden lange Zeit vernachlässigt worden, so die Menschenrechtler nach einer zehntägigen Forschungsreise im Mai. Das Bildungssystem dort leide seit Jahren unter einem Mangel an Schuleinrichtungen, Überbelegung und Lehrermangel. Kinder mit Eltern ohne Papiere und andere, die in Slums leben, seien oft mit Hindernissen bei der Einschulung konfrontiert.

Eine Dürre hat in der Region zu häufigen Wasserknappheiten geführt. Ein verheerender Zyklon im Dezember hat Häuser, Schulen und andere Infrastruktur weitreichend zerstört.

“Bildung ist nicht nur ein Recht für alle Kinder, sondern in ganz Frankreich von 3 bis 16 Jahren verpflichtend”, sagte HRW-Expertin Elvire Fondacci. Dennoch hätten Tausende Kinder in Mayotte wegen ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Migrationsstatus keinen effektiven Zugang zu Bildung oder anderen grundlegenden sozialen Unterstützungsleistungen.

Mayotte ist eines von 13 Überseegebieten Frankreichs als Erbe der Kolonialvergangenheit. Es ist das ärmste Departement Frankreichs und einer der am stärksten benachteiligten Teile der EU. Mehr als 75 Prozent der Bevölkerung leben laut HRW unter der Armutsgrenze. Fast die Hälfte der Bevölkerung von Mayotte ist unter 18 Jahre alt; acht von zehn Kindern leben in Armut.

Frankreichs Ombudsmann stellte 2023 fest, dass auf Mayotte bis zu 15.000 Kinder keinen Zugang zu einem vollen Schultag in einer öffentlichen Schule hatten. Einige lokale Behörden zögern laut HRW, neue Schulen zu bauen; sie meinten, dass diese in erster Linie Kindern von komorischen Einwandererfamilien zugute kämen und so weitere Migration förderten.

Dabei halte die Angst vor einer Festnahme durch die Grenzpolizei in der Nähe von Schulen und Gemeindeämtern viele Familien ab, ihre Kinder zur Schule zu begleiten oder wichtige öffentliche Dienstleistungen wie Impfungen in Anspruch zu nehmen. Das erschwere eine Einschulung zusätzlich.

Eine zunehmend restriktive französische Migrationspolitik auf Mayotte führe dazu, dass immer mehr Menschen mit 18 Jahren ohne Papiere seien, beklagt HRW; und zwar unabhängig davon, wie lange sie dort lebten, und sogar, wenn sie dort geboren seien. Die Unsicherheit von Kindern über ihre Zukunft verursache Ängste und führe dazu, dass einige die Schule vorzeitig verließen.