Artikel teilen:

Kritik an ARD-Plan für mehr gemeinsames Programm in Radio und TV

Im kommenden Jahr will die ARD in ihren Radio- und Fernsehprogrammen mehr gemeinsame Inhalte ausstrahlen. Der Senderverbund spricht von Umschichtung ins Digitale. Andere warnen vor einem Programmabbau.

Pläne der ARD für mehr gemeinsames Programm in ihren Radio- und Fernsehsendern sorgen für Kritik. Der Deutsche Kulturrat warnte am Freitag vor einem “massiven Kulturabbau”. Alle in dieser Woche von den ARD-Intendantinnen und -Intendanten beschlossenen Änderungen bedeuteten letztlich, dass deutlich weniger verschiedene Kultursendungen angeboten werden sollten. Gewerkschaften warnten vor den Folgen für die Attraktivität des Angebots.

Den Beschlüssen zufolge sollen die ARD-Info-Radiowellen ab Ende April 2024 ab 20.00 Uhr ein gemeinsames Abendprogramm nutzen. Seit Jahren haben sie bereits ein gemeinsames Nachtprogramm. Auch im Bereich der Kultur- und Klassikwellen plant die ARD für den Abend mehr Kooperation und gemeinsames Programm. Die Dritten Fernsehprogramme sollen ebenfalls mehr Inhalte untereinander austauschen. Das dadurch eingesparte Geld will die ARD für mehr digitale Angebote nutzen.

“Um Gelder für ihre digitalen Angebote freizumachen, soll die kulturelle Vielfalt im Radio und in den Dritten Fernsehprogrammen massiv eingeschränkt werden”, meinte dazu der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann. “Statt Kulturabbau beim Namen zu nennen, umschreibt es die ARD als neue ‘Ära vertiefter Zusammenarbeit’.” Wenn immer öfter in den verschiedenen Sendern dasselbe gesendet werde, dränge sich die Frage auf, warum es künftig überhaupt noch neun Landesrundfunkanstalten geben sollte, so Zimmermann. “Die ARD sägt am Ast, auf dem sie sitzt.”

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) warnte vor einer “gefährlichen Gleichmacherei im Hörfunkprogramm” der ARD. Mehr einheitliches Programm koste journalistische Aufträge für freie Mitarbeiter und in der Perspektive feste Jobs in den Redaktionen. Ein einheitliches Info-Programm im Radio an zehn Stunden pro Tag schade der Programmvielfalt und damit der Beliebtheit der Angebote beim Hörer, sagte DJV-Chef Mika Beuster. “Das ist Sparen am völlig falschen Ende.” Als Hauptsendezeiten mit den meisten Hörern gelten im Radio der Morgen und der Nachmittag.

Verdi-Vorstandsmitglied Christoph Schmitz verwies darauf, dass die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Bürger gerade in der Nähe zu regionalen Themen liege. Stattdessen beobachte man eine Abkehr von den Radio-Hörern: aktuell etwa im Hessischen Rundfunk (HR), wo sich Mitarbeitende mit einem offenen Brief unter anderem gegen die Streichung von 1.000 Reportage-Tageseinsätzen pro Jahr wenden. Dies werde zu weniger Beiträgen zu Kultur-, Sport- oder Kirchen-Themen führen, warnen sie.

Schmitz kritisierte die Reformvorhaben als “Kapitulation vor den Finanzvorgaben aus den Staatskanzleien der Bundesländer, die einen stabilen Rundfunkbeitrag einfordern”. Derzeit läuft das Verfahren zur Festsetzung des Beitrags ab 2025. Mehrere Länder hatten sich gegen eine Erhöhung ausgesprochen. Allerdings können die für Medienpolitik zuständigen Länder nur unter engen Voraussetzungen von einer Empfehlung der unabhängigen Experten-Kommission KEF abweichen.

Die Empfehlung wird Anfang kommenden Jahres erwartet. Nach bekanntgewordenen vorläufigen Berechnungen könnte der Rundfunkbeitrag von aktuell 18,36 Euro um 58 Cent auf 18,94 Euro steigen. Aus den Reihen der Länder war eine Anhebung auch verteidigt worden, da die Rundfunkanstalten selbst ebenfalls von steigenden Preisen und Tarifgehältern betroffen seien. Die im Sommer 2022 ins Rollen gebrachte RBB-Affäre um Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Verschwendung hatte allgemein die Rufe nach Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk lauter werden lassen.