Es ist vier Uhr morgens, als Tausende nordkoreanische Geschütze das Feuer eröffnen. Sie schießen über den 38. Breitengrad hinweg in den Süden Koreas hinein. Dann überschreiten Hunderttausende Soldaten des Nordens die Grenze.
Der Koreakrieg, der am 25. Juni 1950 beginnt, gilt als der erste „heiße Krieg“ mit direkter Beteiligung der Supermächte des Kalten Kriegs. Korea war nach dem Zweiten Weltkrieg entlang des 38. Breitengrads in eine sowjetische und eine US-Besatzungszone geteilt worden, zuvor war es japanische Kolonie.
Der Überfall geht auf den Willen des Diktators Kim Il-sung in der sowjetischen Besatzungszone zurück. Im April 1950 hatte er in Moskau Stalins Zustimmung zum Angriff erhalten. Stalin soll allerdings wörtlich gesagt haben: „Falls die Amerikaner euch niedermachen, werde ich keinen Finger rühren.“ Kim hatte Stalin versichert, alles werde so schnell gehen, dass die USA gar nicht eingreifen könnten.
Nur drei Tage nach Beginn des Angriffs fällt Seoul, die Hauptstadt des Südens. Im August beherrscht der Norden fast die gesamte Halbinsel, bis auf einen kleinen Rest im Südosten.
Aber der Vormarsch der Kommunisten ist eben doch nicht schnell genug. Schon am 27. Juni befiehlt US-Präsident Harry Truman den Einsatz von Luftwaffe und Marine, um den Süden zu unterstützen, am 30. Juni auch von Bodentruppen.
Am 31. Juli verabschiedet der UN-Sicherheitsrat eine Resolution, in der sie alle ihre Mitglieder auffordern, Truppen zur Verteidigung Südkoreas zu entsenden. Diese Resolution ist möglich, weil die UdSSR den Rat boykottiert und ihr Vetorecht nicht ausübt. Der Militäreinsatz in Südkorea ist damit kein US-Kommando, obwohl die USA ihn führen und größter Truppensteller sind, sondern eine UN-Aktion, an der sich Staaten wie Großbritannien, Australien, Südafrika, Thailand oder Griechenland beteiligen.
Auf der Gegenseite ist – entgegen der Ankündigung Stalins – die UdSSR militärisch involviert. Sowjetgeneräle sind an der Planung des Kriegs beteiligt, Stalin persönlich genehmigt Angriffsbefehle, die er „Gegenangriffe“ nennt. Sowjetische Soldaten kämpfen auch direkt mit. Sie fliegen beispielsweise Düsenjäger mit nordkoreanischen Hoheitsabzeichen, auch in Gefechten gegen US-Kampfflugzeuge.
Militärisch wendet sich das Blatt durch das Eingreifen der UN-Truppen. Am 7. Oktober haben sie wieder den 38. Breitengrad erreicht, am 19. Oktober erobern sie die nördliche Hauptstadt Pjöngjang, am 20. November stehen sie am Yalu, dem Grenzfluss zu China. Der chinesische Diktator Mao rettet seinen Kollegen Kim vor einer Niederlage. Eine halbe Million chinesische Soldaten, offiziell alles Freiwillige, greifen in den Krieg ein und drängen die UN-Truppen zurück.
Nach dem Eingreifen Chinas denkt die US-Regierung darüber nach, ob sie Atomwaffen einsetzen könnte, entscheidet sich aber dagegen. „Die Zahl der amerikanischen Atombomben war nach wie vor knapp bemessen“, erklärt der Politologe Frank Sauer von der Universität der Bundeswehr München im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zudem habe man befürchtet, dass die Bombe ihre Abschreckungswirkung verlieren könne, falls sich ihr Einsatz doch nicht als kriegsentscheidend herausstellte. Vor allem habe man die erwartbare öffentliche Entrüstung nach einem Atombombenabwurf vermeiden wollen.
Sauer nennt einen weiteren Grund für den Nichteinsatz: Nachdem Truman im Zweiten Weltkrieg den Einsatz der Bombe gegen Japan befohlen hatte, sei er über die Wirkung erschüttert gewesen: „Die Wiederholung seiner Entscheidung aus dem Jahr 1945 wurde ihm nun durch sein Gewissen unmöglich gemacht.“
Im Frühjahr 1951 stabilisiert sich die Front in etwa entlang des 38. Breitengrads und bewegt sich den Rest des Kriegs über kaum noch. Im Juli 1951 beginnen Waffenstillstandsverhandlungen. Sie kommen aber wegen der Frage der Kriegsgefangenen kaum voran. Denn Tausende gefangener Chinesen und Nordkoreaner weigern sich, in ihre Heimat zurückzukehren.
Es gibt auch deswegen keinen Frieden, weil Stalin das nicht will. Trumans Nachfolger Dwight Eisenhower droht noch einmal mit der Atombombe, aber nach den Worten des Potsdamer Militärhistorikers Bernd Stöver beschleunigt das die Verhandlungen nicht: „Korea ist nicht wichtig genug, um einen Atomkrieg zu beginnen“, sagt Stöver auf epd-Anfrage.
Stalin stirbt am 5. März 1953. Das sei der zentrale Faktor dafür, dass ein Waffenstillstand gelingt, erklärt der Militärhistoriker: „Die Frage der Kriegsgefangenen erledigt man nebenbei.“ Die Gefangenen dürfen laut Abkommen wählen, wo sie nach dem Krieg leben wollen.
Am 27. Juli 1953 enden die Kämpfe. Rund vier Millionen Menschen sind tot, darunter drei Millionen koreanische Zivilisten. Besonders viele Menschen starben bei systematischen Ermordungen durch die Nordarmee, antikommunistischen Massakern im Süden und bei Flächenbombardements durch US-Bomber. Noch drei Jahre später herrscht in Korea Hungersnot, weil Industrie und Agrarproduktion nahezu vollständig zerstört sind.
Auf den Waffenstillstand folgt nie ein Friedensvertrag. Der ehemalige Frontverlauf ist heute die am stärksten militarisierte Grenze der Welt. 37.000 US-Soldaten sind in Südkorea stationiert. Nordkorea, mittlerweile selbst nuklear bewaffnet, ist heute einer der großen Unsicherheitsfaktoren der Welt.