In Niedersachsen sind nach Angaben der Krankenkasse AOK zuletzt weniger Antibiotika verschrieben worden als vor der Corona-Pandemie. Mehr als 3 Millionen Mal erhielten gesetzlich Versicherte im Land im Jahr 2022 ein Antibiotikum – deutlich weniger als noch 2019 (minus 12 Prozent), wie die Kasse am Donnerstag in Hannover mitteilte. Auch in der Nutztierhaltung sei der Einsatz von Antibiotika rückläufig. Allerdings seien 2022 noch deutlich mehr als die Hälfte der bundesweit ausgelieferten Antibiotika in der Tiermedizin ins Agrarland Niedersachsen gegangen.
Rund 46 Prozent der Rezepte in der Humanmedizin wurden für Reserveantibiotika ausgestellt, wie die Auswertung ergibt. Diese Mittel werden eingesetzt, wenn Standardantibiotika nicht mehr helfen. Zwar sinken auch hier die Zahlen. Dennoch werden die Wirkstoffe nach Ansicht von Experten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK noch zu häufig verwendet. Bakterien könnten Abwehrmechanismen gegen Antibiotika entwickeln, hieß es. Deshalb sollte jede Verordnung kritisch hinterfragt werden.
Wurden 2011 landesweit noch rund 820 Tonnen Antibiotika zur Nutzung in der Tiermedizin abgegeben, waren es 2022 im Mittelwert rund 360 Tonnen. Dennoch verschärfe sich dadurch das Problem der Resistenzbildung, hieß es. Die Wirkstoffe könnten zum Beispiel über den Konsum von Fleisch oder über das Grundwasser auch vom Menschen aufgenommen werden.
Zur medizinischen Versorgung der Patientinnen und Patienten in Deutschland sind nach den Kassenangaben im Jahr 2022 insgesamt rund 272 Tonnen Antibiotika zum Einsatz gekommen. Laut einer Auswertung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit seien in dem Jahr bundesweit rund 540 Tonnen an Tierärztinnen und Tierärzte abgegeben worden. Das Wissenschaftliche Institut weist überdies darauf hin, dass Wirkstoffe mit neuen Wirkprinzipien benötigt würden, die in der Lage seien, die gegenwärtigen Resistenzen zu überwinden.