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Krankenkasse: Immer mehr Kinder leiden an Bewegungsstörungen

Morgens stundenlang die Schulbank drücken und nachmittags an Smartphone oder Laptop hängen: Der Alltag vieler Kinder ist erschreckend bewegungsarm. Eine Krankenkasse warnt vor den Folgen.

Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden nach Angaben einer Krankenkasse an motorischen Entwicklungsstörungen. Der Anteil der betroffenen 6- bis 18-Jährigen stieg zwischen 2012 und 2022 von 2,1 auf 3,1 Prozent, wie die KKH am Freitag in Hannover unter Berufung auf ihre Versichertendaten mitteilte. Das sei ein Anstieg um 44 Prozent. Ursache sei Bewegungsmangel.

Mit 5,3 Prozent war der Anteil der Betroffenen 2022 bei den 6- bis 10-jährigen am größten. Bei den 11- bis 14-Jährigen betrug er 2,5 Prozent und bei den 15- bis 18-Jährigen 1,2 Prozent. Im Jahr 2022 waren rund zweieinhalbmal so viele Jungen betroffen wie Mädchen (4,3 zu 1,8 Prozent).

Bewegungsmangel in jungen Jahren gehe auf Kosten der körperlichen Fitness, so die Kasse. Er führe zu weniger Ausdauer, Beweglichkeit, Muskelkraft und Koordinationsfähigkeit. Das könne langfristig fatale körperliche wie seelische Folgen haben. Daher sei es wichtig, den Grundstein für gesunde Bewegungsgewohnheiten bereits in der Kindheit zu legen.

“Kinder sind von Natur aus aktiv. In ihnen steckt enormes Bewegungstalent”, erklärte Vijitha Sanjivkumar vom Kompetenzteam Medizin der KKH. “Doch das wird im heutigen digitalen Alltag oft vernachlässigt, zu groß sind die Verlockungen von Videospielen, Podcasts und sozialen Medien.” Die Corona-Pandemie mit zeitweise geschlossenen Schulen und Sportvereinen habe den Trend bei den Jüngsten hin zu Bewegungsarmut forciert. Dabei machten körperliche Aktivitäten Kinder klug. “Kinder entdecken ihre Umwelt und damit Neues über Bewegung – ob beim Laufen, Toben, Balancieren oder Radfahren. Haben sie dabei Spaß, sorgt das für Entspannung. Obendrein stärkt Bewegung das Gehirn. Beides wiederum erhöht die Aufnahme- und Konzentrationsfähigkeit bei Denk- und Lernprozessen.”

Haben Eltern den Verdacht, dass ihr Nachwuchs Bewegungsdefizite hat, sollten sie nach Rat der Kasse frühzeitig den Kinderarzt zu Rate ziehen. Je nach Einschränkung könne Betroffenen mit Hilfe ärztlich verordneter Ergo- und Physiotherapie meist gut geholfen werden.

Für ihre Analyse hat die KKH eigenen Angaben zufolge Daten von rund 190.000 Versicherten im Alter von 6- bis 18 Jahren ausgewertet. Motorische Entwicklungsstörungen könnten die Grobmotorik betreffen, wie zum Beispiel Laufen und Klettern, aber auch die Feinmotorik, also Bewegungen von Händen und Fingern, Gesicht und Mimik.