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Landesbischof Kopp will einheitliche Anerkennungsleistungen

Der bayerische Landesbischof Christian Kopp pocht nach Veröffentlichung der Ergebnisse der ForuM-Missbrauchsstudie auf einheitliche Verfahrenswege und Anerkennungsleistungen in der evangelischen Kirche. Bis zu diesem Herbst sollte in allen 20 evangelischen Landeskirchen bei Meldungen von sexualisierter Gewalt ein einheitliches und transparentes Vorgehen umgesetzt sein, sagte der Landesbischof am Freitag der Evangelischen Funk-Agentur (efa) in München. Zugleich regte er eine Dunkelfeld-Studie an und sprach sich für ein staatliches Aufarbeitungsgesetz mit festgeschriebenen Anerkennungsleistungen aus.

Zum Vorwurf des unzureichenden Datenmaterials sagte Kopp, er könne für die bayerische Landeskirche „ausschließen“, dass man etwas verheimlichen wolle. Die Forschungsgruppe hatte bei der Präsentation der Studie kritisiert, dass nur eine der beteiligten 20 Landeskirchen Informationen aus Personalakten zur Verfügung gestellt hatte. Man sei schlicht nicht in der Lage gewesen, im Erhebungszeitraum der ForuM-Studie eine mindestens hohe sechsstellige Zahl an Personalakten zu sichten, erklärte der Landesbischof. Daher habe man sich im Einvernehmen mit den Studien-Machern auf Durchsicht der Disziplinarakten geeinigt. Dies sei „schon ein gutes Zahlenmaterial“ gewesen, sagte er.

Grundsätzlich will Kopp bei der weiteren Aufarbeitung aber nicht so sehr die ermittelten Betroffenen- und Täter-Zahlen in den Blick nehmen, sondern vor allem die spezifisch evangelischen Gründe für Missbrauch. „Wir haben ein Nähe-Thema, ein Macht-Thema und ein Harmonie-Milieu“, sagte der Landesbischof. Zudem müsse man sich damit befassen, dass sich die evangelische Kirche in der Vergangenheit vieles schöngeredet habe. Die übliche Kirchenpraxis der Bitte um Vergebung müsse man „zeitnah“ überprüfen. Sie war im Rahmen der Studie von vielen Missbrauchsopfern scharf kritisiert worden. Die ForuM-Studie sei auf jeden Fall ein Start- und kein Endpunkt, so Kopp.

In der am Donnerstag vorgestellten Studie ist von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern in Kirche und Diakonie die Rede. Dabei betonten die Forscher, dass dies nur „die Spitze der Spitze des Eisbergs“ sei. Nach einer von beteiligten Forschern als „sehr spekulativ“ bezeichneten Hochrechnung ergebe sich eine Zahl von mehr als 9.000 Betroffenen bei geschätzt rund 3.500 Beschuldigten. Bislang war nur bekannt, wie viele Betroffene sich bislang an die Landeskirchen gewandt hatten. Laut EKD waren das 858 bundesweit. In Bayern sprach man von etwa 250 Taten zwischen 1917 und 2020. (00/0309/26.01.2024)