Ihre Geschichte reicht bis ins Mittelalter zurück. Doch 2023 feiert die Frankfurter Buchmesse ihr 75-jähriges Bestehen. Nach dem digitalen Dasein während der Pandemie soll es nun wieder “rappelvoll” werden.
2023 findet die Frankfurter Buchmesse zum 75. Mal statt. In dem bis heute maßgeblichen Buch zu ihrer Geschichte resümiert der Autor Peter Weidhaas: “Die Buchbranche der Welt braucht einen Platz wie Frankfurt, wo sie sich trifft, sich allseitig informiert, sich den Angeboten, den zufälligen Begegnungen mit Themen, Büchern, Kollegen und Konkurrenzen aussetzt.” Solche “kollektiven Auftritte” des Buchhandels blieben wichtig, so Weidhaas, der die Frankfurter Buchmesse von 1975 bis 2000 leitete. Sie seien gut für das eigene Selbstwertgefühl und den Einfluss der Branche in der Gesellschaft.
Ähnlich dachten wohl jene, die vor rund 74 Jahren – am 18. September 1949 – in der Frankfurter Paulskirche die erste deutsche Buchmesse nach dem Krieg eröffneten. 205 deutsche Aussteller kamen damals dort zusammen. Seitdem wuchs die Frankfurter Buchmesse mit exponentieller Kraft: 2019 zählte die inzwischen größte Buchmesse der Welt rund 7.500 Aussteller aus mehr als 100 Ländern.
Doch 2020 folgte ein schwerer Einbruch wegen der Corona-Pandemie: eine Buchmesse ganz ohne Aussteller. Die sonst mehrere Messehallen umfassende Bücherschau schrumpfte zu einer digitalen Veranstaltung. 2021 waren die Aussteller wieder real vor Ort, allerdings in geringerem Umfang als vor der Pandemie. 2022 wurden über 4.000 Aussteller aus 95 Ländern gezählt. 2023 habe die Aussteller-Zahl noch mal “um zehn Prozent zugelegt”, so Buchmesse-Direktor Juergen Boos. In diesem Jahr hätten drei Wochen vor Beginn die Ticketverkäufe über denen von 2019 gelegen, als mehr als 300.000 Besucher kamen. Es werde “rappelvoll”, so Boos.
Die 75. Frankfurter Buchmesse vom 18. bis 22. Oktober will laut ihrem seit 2005 amtierenden Direktor Orientierung in Zeiten der Unsicherheit bieten: “Die Branche braucht Frankfurt als Kraftquelle und Inspiration.”
Weltweit beachtetes Highlight dürfte das Kommen des Autors Salman Rushdie werden. Der indisch-britische Schriftsteller erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Die Auftritte Rushdies – der auch bei einer Pressekonferenz und einer Literaturgala erwartet wird – werden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stehen. Im August 2022 war der von Islamisten bedrohte Schriftsteller in den USA auf offener Bühne mit einem Messer angegriffen worden. Rushdie ist seitdem auf dem rechten Auge blind.
Zu den großen Themen der Buchmesse gehören Künstliche Intelligenz, Klimawandel und der Kampf gegen Populismus und Extremismus. Doch nicht nur das Erstarken der AfD und der anhaltende Krieg in der Ukraine dürften zahlreiche Podien bestimmen, sondern vor allem der am Wochenende eskalierte Krieg in Nahost. Ursprünglich war im Messe-Veranstaltungskalender lediglich eine Diskussion mit dem Thema “Demokratiekrise in Israel” geplant.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wähnten sich die Buchmesse-Besucher schon angesichts von “nur” 8.400 präsentierten Titeln im “Bücher-Rausch”, wie die “Süddeutsche Zeitung” damals schrieb. Im Vor-Corona-Jahr 2019 wurden hingegen rund 390.000 Buchtitel, digitale Medien, Hörbücher und E-Books präsentiert.
In den Anfangsjahren waren die Messestände sehr einfach: zwei mal zwei Meter lange, schräg gestellte Holzbretter. Nun werden Besucher im Gewusel der Messehallen wieder die fast wie ein Wohnzimmer anmutenden Stände der Verlage aus aller Welt abklappern können.
1949 musste ein repräsentatives Gebäude gesucht werden, das im Trümmerfeld Frankfurts wieder aufgebaut war – so kam die Buchmesse in die Paulskirche. Frankfurt wurde nicht ohne Grund zur deutschen Bücherstadt. Schon 1370 hatte es dort eine “Messe für Bücher” gegeben. “Buchmessen wie die Frankfurter haben über 600 Jahre den Fluss der Ideen vom Erzeuger zum Nutzer via Buch gelenkt”, schreibt Weidhaas.
Im 15. Jahrhundert entwickelte Johannes Gutenberg dann in Mainz den Buchdruck. Frankfurt wurde zum wichtigen Buch-Handelsplatz in Europa – und blieb dies bis ins 17. Jahrhundert. Erst im 18. Jahrhundert spielte Leipzig die größere Rolle. “Die Frankfurter Messe verkam weitgehend zu einer Zusammenkunft von Raubdruckern und versank im 19. Jahrhundert gar gänzlich in der Bedeutungslosigkeit”, so Weidhaas. Erst 1949 sei es Frankfurter Buchhändlern gelungen, die Buchmessetradition wiederzubeleben.