Menschenrechtler warnen mit Blick auf die „Klima-Klage“ vor dem Oberlandesgericht Hamm davor, die Kosten für den Klimawandel in den Globalen Süden auszulagern. Es sei inakzeptabel, dass diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, die Hauptlast seiner Folgen tragen, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Freitag in Göttingen.
Bei dem Rechtsstreit zwischen dem peruanischen Kleinbauern Saul Luciano Lliuya und dem Essener Energiekonzern RWE geht es um die Frage, inwieweit der Kläger und seine Familie von einer möglichen Flut aufgrund des stark angewachsenen Gletschersees Palcacocha in Peru bedroht sind. Der Bauer will erreichen, dass RWE sich an den Kosten für Schutzmaßnahmen vor der Erderwärmung in seiner Heimat beteiligt. Der ursprünglich für Montag vorgesehene Verkündungstermin wurde inzwischen auf den 28. Mai verschoben.
Indigene und bäuerliche Gemeinschaften weltweit würden die dramatischen Folgen der Erderwärmung unmittelbar erleben, sagte der Referent für Indigene Völker der Menschenrechtsorganisation, Jan Königshausen. Viele dieser Gemeinschaften seien doppelt betroffen, denn ihr Land werde für Rohstoffe ausgebeutet. Gleichzeitig hätten Konzerne wie RWE jahrzehntelang Profite aus fossilen Brennstoffen geschlagen.
Die Verantwortung der Industriestaaten ende jedoch nicht bei Entschädigungszahlungen für vergangene Emissionen, erklärte Königshausen. Ein akutes Problem sei derzeit ein „grüner Kolonialismus“. Das bedeute, dass sich der Globale Norden weiterhin „über die Köpfe indigener Gruppen hinweg Ressourcen“ einverleibe. Nur betreffe das jetzt erneuerbare Energien. „Wer Klimaschutz ernst nimmt, muss indigene Rechte uneingeschränkt respektieren und darf nicht die nächste Welle kolonialer Ausbeutung unter einem grünen Label legitimieren“, mahnte Königshausen.
Im Jahr 2017 hatte das Oberlandesgericht entschieden, dass es einen zivilrechtlichen Anspruch zum Schutz von durch die Klimakrise Betroffenen gegen einen großen Emittenten wie den Energiekonzern RWE grundsätzlich für schlüssig hält. Damit wurde der Eintritt in die Beweisaufnahme beschlossen. Grund für die Verlegung des Verkündungstermins ist ein Befangenheitsantrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen einen der Sachverständigen. In Deutschland ist das Verfahren der erste maßgebliche Fall dieser Art.