UK 43/2017, Kleiderordnung (Seite 11: „Die Mode war immer der Feind“)
„Die strengsten Kleidervorschriften gab es in Genf…“ – ja, aber nicht so sehr im „Rahmen eines umfassenden Sittenmandats“, sondern um die Armut zu mildern und den sozialen Frieden so weit wie möglich herzustellen. Genf war zu Zeiten Calvins eine Stadt mit mehr Flüchtlingen als Einheimischen. Die sozialen Spannungen waren enorm. Sie abzubauen, war das Anliegen Calvins und des Rates.
Das geschah unter anderem durch den Aufbau einer Seidenindustrie, also eines absoluten Luxusgutes. Dadurch kamen unter anderem die Flüchtlinge zu Arbeit und Brot. Also war nicht das Luxusprodukt an sich zu verurteilen, sondern die soziale Spaltung, die durch seine Benutzung entstand. Aus ähnlichen Gründen hat im Übrigen auch die damalige Weltstadt Venedig Kleidergesetze erlassen.
Dr. Albrecht Thiel, Castrop-Rauxel