Hat das größte Kunstmuseum der USA den Erwerb von Fenstern der Kathedrale von Rouen als Hehlerware verschleiert? 100 Jahre nach den Vorgängen erstattet ein französischer Verein Anzeige.
Ein französischer Kulturerbe-Verein hat offenbar drei bekannte US-Museen wegen Hehlerei angezeigt. Wie französische Medien am Wochenende berichteten, geht es um sechs eingelagerte Buntglasfensterelemente aus der Kathedrale von Rouen, die in der Zwischenkriegszeit verschwanden und womöglich illegal über den Pariser Schwarzmarkt nach Amerika verkauft wurden.
Der Verein “Lumiere sur le patrimoine” (Licht ins Kulturerbe) wirft demnach dem größten Kunstmuseum der USA, dem berühmten Metropolitan Museum of Art in New York (Th Cloisters Collection), sowie dem Glencairn Museum in Bryn Athyn, Pennsylvania und dem Art Museum in Worcester, Massachusetts vor, die Umstände des Erwerbs verschleiert zu haben.
Der Diebstahlsverdacht beruht laut den Berichten vor allem auf einer Aussage des Archäologen und Kunsthistorikers Jean Lafond (1888-1975), der auf das Verschwinden von Teilen der mittelalterlichen Glasfenster der “Siebenschläfer von Ephesus” vor rund 100 Jahren aufmerksam machte. Er hatte die Buntglasfenster nach eigener Aussage 1911 inventarisiert und in Kisten in der Kathedrale aufbewahrt.
20 Jahre später habe er bei der Öffnung der Kisten das Verschwinden der Kunstwerke entdeckt. Nach Ansicht des Vorsitzenden von “Lumiere sur le patrimoine”, Philippe Machicote, wurden die Glasfenster “über den Pariser Markt geschmuggelt und landeten in den Händen amerikanischer Sammler und nach deren Tod in Museen”.
Im September hatte der Verein laut Bericht bereits eine Anzeige gegen Sotheby’s eingereicht. Der Vorwurf lautete, dass das Londoner Auktionshaus 2015 zwei seit mehr als zwei Jahrhunderten verschollene Buntglasfenster der Pariser Kathedrale Notre-Dame versteigert habe. Die Pariser Staatsanwaltschaft wies die Beschwerde jedoch ab.
Die Marienkathedrale von Rouen war Krönungsort und Grablege der normannischen Herzöge und ist die Hauptkirche der Normandie. Sie zählt zu den bedeutendsten gotischen Kirchenbauten Frankreichs. Das neun Meter hohe Glasfenster mit dem Zyklus der “Siebenschläfer von Ephesus” stammt von 1204 und gehört zu den Schätzen der Bischofskirche. 1980 wurde es restauriert und die verlorenen Szenen durch moderne ersetzt.