SCHWERTE-VILLIGST – Im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit hat der theologische Vizepräses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Albert Henz, eine neue Bewertung der Kirchenzucht ins Gespräch gebracht. Henz sagte bei einer Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, menschenverachtendes Handeln und Denken gewaltbereiter Neonazis sei nicht mit christlichen Werten vereinbar. Bisher werde ein Kirchenausschluss so gut wie nie praktiziert; im Falle von aggressiven, gewaltbereiten Neonazis könne es jedoch Einzelfälle geben, „in denen man dieses Instrument herauskramen muss“. Henz würdigte zugleich eine große Willkommenskultur und ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingsarbeit in der Landeskirche.
Viele Seelsorger ließen in der Auseinandersetzung mit menschenfeindlichen und rassistischen Thesen eine klare Position vermissen, kritisierte die Mitarbeiterin des Mobilen Beratungsteams Mitte-Ost des sächsischen Kulturbüros, Petra Schickert. Eine eindeutige öffentliche Abgrenzung sei jedoch notwendig, da der Riss zwischen Pegida-Anhängern und -Gegnern etwa in Sachsen durch Familien und Gemeinden gehe. Ihrer Beobachtung nach könnten sich Pfarrerinnen und Pfarrer „noch in den letzten Pegida-Anhänger“ einfühlen, nicht aber in die engagierten Flüchtlingshelferinnen und -helfer. Schickert warnte davor, Vertretern rechtsextremen Gedankenguts bei Diskussionsrunden in Kirchen oder Gemeindehäusern ein Podium zu bieten.
Die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann betonte positive Erfahrungen mit Kirche beim Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit. Junge Menschen müssten früh gestärkt werden, forderte sie. Auch für die Lehrerfortbildung müsse mehr getan werden, um die Lehrer für die Auseinandersetzung mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit fit zu machen.
Die Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Katholischer Jugend, (BDKJ), Lisa Maier, zeigte sich besorgt über eine Nähe der Kirche zu rechtsextremem Gedankengut. Es sei notwendig, die politische und die „Herzensbildung“ zu stärken und gefährdeten Jugendlichen niedrigschwellige Beratungs- und Ausstiegsangebote zu machen. Britta Schellenberg von der Universität München forderte, dass diejenigen, die sich gegen Rechts engagierten, nicht in die Defensive gedrängt werden, sondern geschützt werden müssten.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft „Kirche und Rechtsextremismus“ befasste sich auf ihrer Konferenz unter anderem mit dem Umgang der Kirche mit der AfD und der „Pegida“-Bewegung.
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Kirchenzucht als letztes Mittel
Bei einer bundesweiten Tagung diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche und Gesellschaft über rechtsextreme Tendenzen auch im kirchlichen Bereich

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