Artikel teilen:

Kirchenpräsident Jung: Hasserfüllte Reaktionen waren schwierig

Während seiner 16-jährigen Amtszeit musste der scheidende hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung auch scharfe Kritik einstecken. Sie habe sich vor allem auf die Forderung nach der Aufnahme von geflüchteten Menschen bezogen, auf die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare und das Papier der Evangelischen Kirche in Deutschland zu einem erweiterten Familienbegriff, sagte der Theologe dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Auch für das Werben für den interreligiösen Dialog, insbesondere mit Musliminnen und Muslimen, bin ich angegriffen worden“, fügte er hinzu.

Mit sachlicher Kritik habe er immer gut umgehen können, sagte der 64-Jährige. Schwierig seien die sehr persönlichen und hasserfüllten Reaktionen gewesen, „etwa Briefe, in denen mit Bibelstellen garniert stand, dass ich in die Hölle gehöre“. Das, so Jung, „ging unter die Haut.“

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat sich immer wieder deutlich gegen Rechtsextremismus positioniert. Die Reaktionen darauf waren unterschiedlich: „Viele haben mir gesagt, dass sie das erwarten, einige haben sich die Formulierungen noch schärfer gewünscht, und wieder andere konnten die Haltung gar nicht verstehen“, bilanzierte er. In jüngster Zeit habe er häufiger gehört, dass Menschen den prinzipiellen Ausschluss irgendeiner Partei durch die Kirche ablehnen und die Kirche auf das Geistliche reduzieren wollten. „Ihnen sage ich, dass wir uns niemandem pauschal verschließen, aber uns zu Wort melden, wenn politische Positionen nicht mit dem vereinbar sind, wofür wir als Christinnen und Christen stehen“, betonte Jung.

Gerne erinnern werde er sich an das Privileg, als Kirchenpräsident oft vor vollen Kirchen predigen zu dürfen. „Es hat mich gestärkt zu spüren, dass bei denen, die kommen, nach wie vor ein großes Interesse vorhanden ist“, sagte er. Fehlen werde ihm im Ruhestand die Vielfalt der täglichen Herausforderungen, die mitunter auch mit Anerkennung verbunden gewesen seien. „Den Bedeutungsverlust fürchte ich nicht, denn die Bedeutung versetzt oft auch in Anspannung und lässt einen manchmal unruhig schlafen.“

Jung wird im Januar 65 Jahre alt und geht zum Jahreswechsel in den Ruhestand. Zur Nachfolgerin Jungs wurde die in Frankfurt geborene und in Zürich lehrende Theologieprofessorin Christiane Tietz gewählt.