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Kirche warnt vor Vertrauensverlust in den Sozialstaat

Bergisch Gladbach – Die katholische Kirche in Deutschland warnt vor einem Vertrauensverlust in den Sozialstaat. Die Zunahme der Einkommensungleichheit seit den 1990er Jahren habe Misstrauen gegenüber staatlichen, aber auch kirchlichen Institutio­nen geschürt und zu wachsendem Populismus geführt, sagte der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck bei der Frühjahrsvollversammlung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz in Bergisch Gladbach. Overbeck und der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, warnten zugleich vor Skandalisierung und Übertreibung in der Berichterstattung über Armut.
Wer den Populisten das Wasser abgraben wolle, sollte das Thema soziale Ungleichheit ernst nehmen, sagte Ruhrbischof Overbeck, der Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Bischofskonferenz ist. „Nur wenn die Bürger das Gefühl haben, es gehe insgesamt gerecht zu in unserem Land, werden sie dem Gemeinwesen auch Vertrauen entgegenbringen.“ Auch die Kirche müsse Vertrauen zurückgewinnen, indem sie sich pluraler aufstelle und sich der Themen Gerechtigkeit und Sicherheit annehme. Neher ergänzte, das Vertrauen in den Staat könne nur dann wiederhergestellt werden, wenn soziale Ungleichheit verringert werde. „Die Ungerechtigkeiten müssen genau benannt werden.“ So verfüge die untere Hälfte der Haushalte nur über gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens.
„Um diese Ungleichheit zu verringern, fordern wir, den Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer anzuheben, den niedrigeren Steuertarif bei Zinseinkünften im Vergleich zu anderen Einkommensarten anzugleichen und eine wirksamere Besteuerung hoher Erbschaften“, sagte der Präsident des Caritasverbandes. Weiterhin hält Neher eine Erhöhung des Regelbedarfs für Empfänger von Arbeitslosengeld II und mehr Bildungsgerechtigkeit für notwendig. epd