Haannover. Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen warnen vor einer Aushöhlung des Sonntagsschutzes. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verwischten sich schon jetzt mehr und mehr, sagte Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track als Bevollmächtigte der Kirchen-Konföderation in Hannover auf epd-Anfrage: "Je mehr Ausnahmen es gibt, desto mehr Menschen sind auch am Sonntag in die scheinbar unaufhaltsame Dynamik von Arbeit und Konsum eingebunden." Aus Sicht der Kirchen sei es nicht nötig, die Ladenöffnungszeiten weiter auszudehnen. Der Sonntag dürfe nicht für immer mehr Menschen zum Arbeitstag werden.
Industrie- und Handelskammer fordert mehr Freiräume
Gäfgen-Track reagierte damit auf eine Forderung der Industrie- und Handelskammern in Niedersachsen. Diese hatten mehr Freiräume bei der Gestaltung verkaufsoffener Sonntage gefordert. Die rot-grüne Landesregierung habe dafür mehr Handlungsspielräume als ein entsprechender Gesetzentwurf sie bisher vorsehe, erklärte IHK-Präsident Christian Hinsch. Er verwies dabei auf ein Gutachten des Düsseldorfer Staatsrechtslehrers Professor Johannes Dietlein im Auftrag der IHK in acht Bundesländern.
Der Jurist kommt darin zu dem Ergebnis, dass nicht zwingend ein konkreter Anlass wie ein Fest oder ein Markt vorliegen müsse, um die Geschäfte an Sonntagen zu öffnen. Auch das Ziel, die Innenstädte und den dortigen Einzelhandel zu stärken könne als Grund dafür in Betracht kommen. Dietlein verwies dabei auf den Wettbewerb mit dem Online-Handel.
Grundgesetz schützt den Sonntag
Die Kirchen machen dagegen geltend, dass der Sonntag als Tag der Arbeitsruhe vom Grundgesetz geschützt sei. "Er dient in besonderer Weise dem familiären, privaten und gesellschaftlichen Zusammenhalt", betonte Gäfgen-Track. Die Kirchen hätten die bisherigen Regelungen als fairen Ausgleich zwischen dem Sonntagsschutz und den Interessen des Einzelhandels wahrgenommen. "Bei einer weitergehenden Freigabe der Sonntagsöffnung wird diese Balance der unterschiedlichen Interessen nicht länger gewahrt."
Ausnahmen bestätigen die Regel
Die Gesetzesnovelle der Landesregierung sieht bis zu vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr bezogen auf eine ganze Gemeinde vor. Zusätzlich soll jährlich eine Sonntagsöffnung je Stadtbezirk ermöglicht werden. Voraussetzung dafür soll immer ein angemessener Anlass sein, der kommunalen Entwicklungszielen dient. Ausgenommen davon sind sämtliche Feiertage sowie der 27. Dezember. Der Landtag soll in nächster Zeit über den Entwurf beraten. (epd)