Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide wirbt für ein gemeinsames Engagement von Christen und Muslime gegen Radikale. Und hat auch einen Vorschlag, wie Dialog aussehen könnte.
Der Islamismus in Deutschland lebt nach Worten eines Experten immer mehr von emotionalen Erzählungen und Feindbildern. Das sagte der Münsteraner Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide am Samstag vor der in Würzburg tagenden Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Islamistische Gruppen konstruierten Feindbilder, nach denen Muslime zu Opfern der Mehrheitsgesellschaften würden. “Der Westen ist zum Feindbild geworden”, sagte Khorchide. “Das sind emotionale Großerzählungen, die die Identität junger Menschen betreffen.”
Khorchide sagte, er beobachte, dass sich radikalisierte junge Menschen nicht für Details interessierten. “Sie konnten mir keine Argumente aus dem Koran liefern”, sagte Khorchide. “Aber alle haben argumentiert mit diesen Großerzählungen.” Sie würden vor allem über Social Media verbreitet.
Khorchide zufolge sollten sich Muslime und Christen gemeinsam dafür einsetzen, dass Pluralität ein selbstverständlicher Teil der eigenen Identität sei. “Ohne das Judentum gäbe es heute keinen Islam und kein Christentum mehr”, sagte Khorchide. “Auch ohne das Christentum gäbe es heute einen Islam.” Nötig sei ein “outputorientierter Dialog der Religionen”: Die Religionen sollten stärker aufeinander zugehen und die jeweiligen heiligen Schriften ernster nehmen. Auch sollte Kritik stärker als bisher zum interreligiösen Dialog dazugehören.