Fast 120 Jahre lang hat der „Bayerische Verein für ärztliche Mission“ (BVÄM) weitgehend geräuschlos auf medizinischem Gebiet die weltweite Mission und später Entwicklungszusammenarbeit unterstützt: Nun löst sich der Verein auf. Der letzte Vorsitzende des Vereins, Manfred Rösch, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Nürnberg, in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung sei das Ende beschlossen worden. „Alles hat seine Zeit“, erklärte Rösch, zuletzt habe der Verein 40, vorwiegend ältere, passive Mitglieder gehabt, „da kamen keine neuen Aktivitäten“. Über direkte Beziehungen habe man zuletzt Flüchtlinge im Sudan und in Ägypten und ein kleines Krankenhaus in Abri im Sudan unterstützt.
Langfristige Strukturen wie die eines Vereins seien inzwischen aus der Zeit gefallen, sagte der Vorsitzende. In der Entwicklungszusammenarbeit werde heute projektorientiert gearbeitet. Menschen, die Beziehungen zu anderen Ländern hätten, würden Hilfsprojekte aufbauen. Als Beispiel nennt Rösch eine Krankenschwester am Südklinikum in Nürnberg, die den Aufbau der Gesundheitsversorgung in ihrem Heimatort in Togo unterstützt.
Der BVÄM wurde am 9. Oktober 1908 in Augsburg aus der Taufe gehoben. Es gründeten sich Ortsgruppen in München, Bayreuth und Erlangen. Sie wollten die ärztliche Mission unterstützen, unter der man zunächst die Arbeit von Missionsärzten in deutschen Kolonien verstand, sowie die Ausbildung von „Eingeborenen“ zu medizinischem Personal. Der BVÄM unterstützte explizit die Missionsgesellschaften in der bayerischen evangelischen Kirche, aber auch die ärztliche Mission Tübingen.
Die Gründungsmitglieder seien „einflussreiche Männer“ gewesen, schreibt der Feuchter Pfarrer Roland Thie in einem Aufsatz im Sammelband „Ferne Nächste“ des Rummelsberger Museums. Sie standen der Augsburger Diakonissenanstalt oder der Neuendettelsauer Mission nahe oder waren Fabrikanten, Bankdirektoren oder Gerichtspräsidenten. Bereits 1912 hatte der Verein fast 500 Mitglieder. Die Jahreseinnahmen betrugen nach heutiger Rechnung rund 32.000 Euro.
Damit konnten unter anderem Krankenhäuser in Papua-Neuguinea und in Tansania unterstützt werden. Ende der 1950er Jahre gab es in der missionarischen Arbeit einen Paradigmenwechsel. Die Arbeit fand nun unter Leitung der jungen Kirchen vor Ort statt, Ärzte und Krankenschwestern aus Deutschland gaben nicht mehr den Ton an. Der Verein unterstützte bis zum Schluss mit 2.000 bis 3.000 Euro jährlich Menschen in medizinischen Berufen in Ländern Afrikas, Asiens und Südamerikas. (1780/29.05.2025)