Massimo Faggioli gehört zu den profiliertesten katholischen Theologen der USA. Allgegenwärtig in den Medien als Gesprächspartner für Reporter oder als Autor, prägt der Professor der Villanova-Universität den öffentlichen Diskurs über die Kirche wie nur wenige andere. Zu den anderen zählt der katholische Bischof von Winona-Rochester im Bundesstaat Minnesota, Robert Barron, der sich mit seinem Programm “Word on Fire” seit rund 20 Jahren Gehör weit über seine Bistumsgrenzen hinaus verschafft hat.
Beide haben wiederholt ihre Sorge über eine Politisierung der katholischen US-Kirche zu Protokoll gegeben. Bischof Barron zu Wochenbeginn bei einem Online-Forum mit dem Titel “Seid zivilisiert – Eine gespaltene Kirche verbinden”, das unter anderem die US-Bischofskonferenz gesponsert hat.
Spaltung der US-Katholiken
Mit ihm diskutierten der für den synodalen Prozess in den USA zuständige Bischof Daniel Flores aus Brownsville in Texas sowie Kardinal Robert McElroy aus San Diego, Kalifornien. Mit Blick auf die Spaltung der US-Katholiken warben alle Beteiligten dafür, die Kirche nicht mit einer Partei gleichzusetzen. Die eigene Meinung durchzudrücken, würde so oder so jene Hälfte der Katholiken, die anderer Meinung sind, vor den Kopf stoßen.
“Wir müssen uns vom Hyperstress des Politischen lösen”, forderte Bischof Barron – der aber in seinem “Word of Fire”-Programm nach Meinung seiner Kritiker wie dem Theologen Faggioli einen erheblichen Teil dazu beiträgt. Indem der Traditionalist nämlich Begriffe der politischen Rechten aufgreife und trump-nahe Influencer wie den früheren “Breitbart”-Redakteur Ben Shapiro oder den Autor Jordan Peterson zu Wort kommen lässt.
Synodaler Prozess fällt mit US-Präsidentschaftswahlkampf zusammen
In einem viel beachteten Beitrag für das katholische Magazin “Commonweal” mit dem Titel “Wird der Trumpismus den Katholizismus aussparen?” zog Faggioli Ende April Parallelen zwischen dem Bündnis des ultrakonservativen Republikaners Barry Goldwater und dem Kardinal von Los Angeles, James Francis McIntyre, und der Achse zwischen Trump und dem suspendierten Bischof von Tyler, Joseph Strickland.
Beide forderten die bestehende Ordnung heraus. Das Trump-Strickland-Bündnis vermische “unhistorischen, magistralen Fundamentalismus mit militantem Katholizismus, in dem nationalistische Impulse als Sorge um den vergessenen amerikanischen (weißen) Mann posieren”. Wie Traditionalisten sich damals mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil schwer taten, sei es heute der synodale Prozess, der im Oktober mit der heißen Phase des US-Präsidentschaftswahlkampfs zusammenfalle.
Faggioli nimmt dann Bezug auf ein von “Word on Fire” herausgegebenes neues Magazin mit dem Namen “The New Ressourcement”. Er meint: Es gebe “keinen Mangel an akademischen Initiativen, die in verschiedenen Verhältnissen zum Trumpismus stehen, sich aber alle um die rechte Lehre sorgen”. Eine provokante Beobachtung des Theologen – der sich nun dem Bannstrahl von Bischof Barron ausgesetzt sieht.
“Word on Fire” drohte in einem Schreiben von Anfang Mai “Commonweal” mit einer Klage wegen übler Nachrede. Nachdem das katholische Magazin in Rücksprache mit Faggioli den Absatz strich und mit einem redaktionellen Hinweis ersetzte, folgte eine zweite Klageandrohung; die Anmerkung der Redaktion selbst sei verzerrend.
Kirche müsse “Zeichen einer Gemeinschaft sein”
Über den schwelenden Streit mit dem Theologen verlor Bischof Barron bei dem von der Bischofskonferenz gesponserten Online-Forum “Civilize It” kein Wort. Umso mehr beklagte er eine Tribalisierung der Gläubigen; diese werde durch eine “toxische Atmosphäre” im Netz gespeist. Den Katholiken riet der Bischof deshalb zu einer “Entgiftung von den Sozialen Medien”.