Jörg Glebe hat sie alle: die schönsten und historisch wertvollsten Orgeln in England und Italien, in Deutschland, Frankreich und den USA. Wofür man normalerweise um die halbe Welt reisen müsste, in einem ganz normalen Wohnzimmer in Bochum-Wattenscheid kann man alle diese Instrumente selbst spielen, zurzeit rund 80 verschiedene an der Zahl.
Möglich wird dies durch eine spezielle Software namens Hauptwerk. Pfeife um Pfeife eines Instrumentes wird hierfür aufgenommen, bearbeitet und anschließend gespeichert. Die akribische Detailversessenheit geht mitunter so weit, dass selbst das Geräusch der mit einem satten „Wumms“ zurückspringenden Registerzüge zu hören ist.
Waren Digitalorgeln aufgrund ihrer schlechten Klangqualität in Organistenkreisen lange Zeit verpönt und allenfalls als Übe-Instrumente geduldet, eröffnen sich mit der Hauptwerk-Software ganz neue Horizonte. Anstatt den originalen Pfeifenklang mehr schlecht als recht elektronisch nachzuahmen, wird der Originalklang hier reproduziert – Eigenheiten wie etwa die besondere Ansprache bestimmter Pfeifen oder klangliche Unvollkommenheiten inklusive. Dafür braucht man im Prinzip nur einen Computer, Lautsprecher und natürlich einen Spieltisch, die logistische Zentrale einer jeden Orgel.
Bei Jörg Glebe in Bochum ist das alles vom Feinsten: Rund 150 000 Euro hat der Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft des Thyssen-Krupp-Konzerns investiert. Im Innern des eine ganze Wand einnehmenden Spieltisches werkelt eine professionelle Workstation mit zwei Zehn-Kern-Prozessoren und satten 128 Gigabyte Arbeitsspeicher. Der Klang wird von speziellen Studiolautsprechern und einem dezent in einer Ecke grummelnden 50 Kilo-Subwoofer abgestrahlt. Der Klangeindruck soll schließlich so realistisch wie nur möglich sein. Und auch das Spielgefühl soll dem einer richtigen Orgel möglichst nahekommen: Die Tasten der Manuale sind mit Mammutknochen belegt, die Registerzüge wie bei einer Orgel des berühmten französischen Orgelbauers Cavaille-Coll in Form eines Amphitheaters angeordnet.
Artikel teilen:
Kathedralklang der Welt im Wohnzimmer
Jörg Glebes Heimorgel sprengt alle Dimensionen: Vier Meter breit, zweieinhalb Meter hoch und mit über 800 Kilogramm ein Schwergewicht. Sein Wirklichkeit gewordener digitaler Orgeltraum lockt selbst renommierte Organisten in sein Bochumer Domizil
