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Kardinal Woelki sieht keine ökumenischen Fortschritte

FREIBURG – Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat eine kritische Bilanz der Ökumene im Reformationsjahr 2017 gezogen. Bei aller Freude über „gegenseitige Wertschätzung, über theologische Konvergenzen und gemeinsam getragene Projekte der Caritas, Diakonie und Bildungsarbeit“ gebe es aktuell viele „Anfragen und Sorgen“, schreibt Woelki in einem Gastbeitrag für die in Freiburg erscheinende „Herder Korrespondenz“ (Oktober). So beobachte er zunehmende Meinungsverschiedenheiten in moral- und sozialethischen Fragen, etwa bei katholischen und evangelischen Haltungen zum Embryonenschutz, zur Ehe für alle, zu Abtreibung oder Sterbehilfe.
Theologisch, so der Kardinal weiter, habe das protestantische Modell einer „versöhnten Verschiedenheit“ der Konfessionen zuletzt kaum Fortschritte gebracht. Grundlegende Unterschiede schlicht in sich „wechselseitig bereichernde Dimensionen“ umdeuten zu wollen, sei „Etikettenschwindel“, schreibt Woelki.
Auch das Ziel einer gegenseitigen Teilnahme an Eucharistie beziehungsweise Abendmahl ist für Woelki nicht nähergerückt. Eine Konfession könne die andere nicht einladen, solange es kein gemeinsames Christusbekenntnis gebe. Es wäre auch im Sinne Martin Luthers, so vermutet Woelki, Katholiken erst dann zur gemeinsamen Feier des Abendmahls einzuladen, wenn „die Verhältnisbestimmung von Christus und Kirche nicht mehr strittig wäre“.
Für den Kardinal liegt der Schlüssel für ein weiteres Aufeinanderzugehen der Konfessionen in einer neuen „Bekehrung zu Christus“. Dringlich sei eine „Ökumene des öffentlichen Bekenntnisses“: „Wie viel wäre schon gewonnen, wenn in Deutschland beide großen Konfessionen in Fragen der Sozial-, Wirtschafts- und Bioethik erneut mit einer Sprache sprächen“, so Woelki. Dabei sei jeder Einzelne gefordert, Christsein als Auftrag zum Zeugnis, zur Mission und zum öffentlichen Bekenntnis zu verstehen. KNA