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Kämpfen für den Frieden

Über die ökumenische Friedensdekade einst und heute schreibt Pastor Tilman Baier. Er ist Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Kirchenzeitung.

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: "Wenn ich aber durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen." aus Lukas 11, 14-23
Es war 1980, der Kalte Krieg zwischen Ost und West steuerte mit neuen Mittelstreckenraketen in den deutschen Staaten auf einen heißen Atomkrieg zu. „Das Böse mit dem Bösen in Schach halten“, so hieß die Doktrin auf beiden Seiten. Diese Doktrin wollten engagierte junge Christen in der DDR und der Bundesrepublik als tödlich entlarven. Gemeinsam griffen Mitarbeiter der Evangelischen Jugendarbeit in West und Ost ein Projekt niederländischer Christen auf und verabredeten, zehn Tage im November grenzüberschreitend über Frieden nachzudenken.
Die Ökumenische Friedensdekade war geboren. Dabei mussten sie sich von regierenden Politikern beider Seiten anhören, zumindest weltfremde Spinner oder sogar Handlanger der Gegenseite zu sein.
Als im November 1989 das östliche Militärbündnis begann in sich zusammenzufallen, fanden sich Befürworter der Nachrüstung bestätigt. Was sie nicht wahrhaben wollten, war, dass die Welt in den Jahren davor mehrfach durch Versagen der Technik vor dem Ende gestanden hatte.
An diesem Sonntag nun beginnt diese Ökumenische Friedensdekade bereits zum 38. Mal. Das Thema lautet in diesem Jahr „Streit“ und erinnert so daran, dass zum Einsatz für einen echten Frieden auch Kampf gehört. Doch es ist kein Kampf, der alle Mittel rechtfertigt. 
Genau dies thematisiert der Predigttext für diesen Sonntag: Jesus wird vorgeworfen, dass er den Kampf gegen dämonische Mächte mit dämonischer Macht betreibt. Doch er macht den Zuschauern, die diesen Kampf miterleben, klar: Dämonen überwinden kann man nur mit Gutem, mit „Gottes Finger“. Und wo dies gelingt, bricht Gottes Reich des Friedens an.
Bertolt Brecht hat einmal geschrieben: „Auch der Hass gegen das Böse verzerrt die Gesichter.“ Gegenbild ist für mich da der berühmte „Geistkämpfer“ des Bildhauers Ernst Barlach. Nachdenklich, fast sanft sind seine Gesichtszüge. Ihm nehme ich ab, dass er Heilung bringen will. Sein Schwert wird so zum „Finger Gottes“, mit dem er den Kreislauf des Bösen durchtrennt. 
Unser Autor
Pastor Tilman Baier ist Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Kirchenzeitung.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.