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Juraprofessoren kritisieren Gesetz gegen Machtmissbrauch an Unis

45 Juraprofessoren aus NRW geht ein Gesetzentwurf der Landesregierung zur Bekämpfung von Machtmissbrauch an Hochschulen zu weit. Durch die geplanten Maßnahmen im neuen Hochschulstärkungsgesetz drohe „ein nicht wiedergutzumachender Schaden“ und ein institutionalisiertes Misstrauen, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Rechtswissenschaftler, über die die Düsseldorfer „Rheinische Post“ (Freitag) berichtete. Hochschulen würden „zu Orten des Verdachts und der Disziplinierung“.

Der Bochumer Verfassungsrechtler Julian Krüper, einer der Mitunterzeichner, kritisierte, dass weitreichende Sanktionen wie ein Betretungsverbot bis hin zum Entzug der Lehrerlaubnis schon verhängt werden könnten, wenn gegen einen Beschuldigten „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ für einen Sicherheitsverstoß vorliegen. Bereits auf Verdachtsebene werde gleich voll zugelangt, sagte Krüper der Zeitung.

NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) hatte den vom Kabinett verabschiedeten Referentenentwurf für das neue Hochschulstärkungsgesetz im Oktober vorgestellt. Zurzeit läuft die Verbändeanhörung, der Landtag wird sich voraussichtlich im ersten Halbjahr 2025 damit befassen. Mit den vorgesehenen neuen Regelungen sollen die Universitäten künftig mehr rechtliche Möglichkeiten bekommen, Betroffene besser zu schützen und Fehlverhalten zu ahnden.

Bislang können die Hochschulen nach Ministeriumsangaben bei Verdachtsfällen von Machtmissbrauch nur ein Disziplinarverfahren einleiten. Weil bis zum Abschluss eines solchen Verfahrens die Unschuldsvermutung gelte, seien der mutmaßliche Täter und die betroffene Person oft gezwungen, täglich weiter miteinander zu arbeiten. Mit dem neuen Gesetz könne die Hochschule dem mutmaßlichen Täter künftig sofort das Betreten eines Gebäudes oder des gesamten Campus untersagen, bis die Vorwürfe aufgeklärt seien.

Weitere Sanktionsmaßnahmen seien unter anderem Kontaktverbote, der Entzug der Weisungsbefugnis gegenüber Beschäftigten oder der Entzug der Lehr- und Prüfungsbefugnis. Von Machtmissbrauch Betroffene erhalten den Angaben zufolge mit dem neuen Gesetz zusätzliche Informations- und Schutzrechte. Sie könnten zum Beispiel den Stand des Verfahrens erfragen, was beim Disziplinarverfahren ausgeschlossen ist, und einen Rechtsanwalt als Beistand erhalten. Außerdem sei die Einrichtung von Anlaufstellen oder Ansprechpersonen vorgesehen, die keiner Weisung der Hochschule unterliegen.

Zum Thema Machtmissbrauch hatte die Hochschulrektorenkonferenz im Mai ein Papier mit Empfehlungen verabschiedet. Darin hieß es, Hierarchien und Abhängigkeiten an Hochschulen könnten Machtmissbrauch begünstigen. Das könne sich etwa in der unberechtigten Aneignung geistigen Eigentums, problematischen Forschungspraktiken, dem Einfordern von Mehrarbeit oder gar Diskriminierung, Demütigung sowie sexueller Belästigung niederschlagen.