Das Jüdische Museum Frankfurt am Main hat im vergangenen Jahr mit knapp 100.000 Gästen einen Besucherrekord verzeichnet. Dies sei eine Zunahme um 30 Prozent gegenüber 2022 (76.400 Gäste), sagte die Direktorin Mirjam Wenzel am Mittwoch. Die Besuche setzten sich zusammen aus dem Haupthaus am Bertha-Pappenheim-Platz (64.800 Gäste), dem Museum Judengasse (25.400) und der Erinnerungsstätte an der Großmarkthalle (1.400). Daneben hätten weitere 8.400 Gäste an Veranstaltungen und 5.200 Schüler an Führungen und Workshops teilgenommen.
Antisemitismus hat die Arbeit des Museums nach den Worten der Direktorin geprägt. Das Haus habe im vergangenen Jahr 14 Fälle von antisemitischen Äußerungen gemeldet und fünf der Polizei angezeigt. Dabei habe es sich um Hakenkreuz-Zeichnungen, antisemitische Sprüche oder die Verunreinigung von Zitaten an der Gedenkstätte Großmarkthalle gehandelt. Auf den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober auf Israel habe das Museum vielfältig reagiert, erläuterte Wenzel. Vor dem Haupthaus würden durch einen Lautsprecher fortwährend die Namen der durch die Hamas festgehaltenen israelischen Geiseln vorgelesen. Im Haus erzählten in einem Film Angehörige in dem überfallenen Kibbuz Nir Oz von ihrem Schicksal. Jüdische Autorinnen und Autoren hielten Benefizlesungen. In der Dauerausstellung würden neue Führungen zur Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus angeboten.
Daneben hat das Museum nach Wenzels Angaben die Bildungsarbeit gegen den Antisemitismus verstärkt. Das Extremismus-Präventionsprogramm „AntiAnti. Museum Goes School“, ein Halbjahresprogramm mit Biografiearbeit für Berufsschulklassen, sei auf parallel drei Klassen an zwei Schulen ausgeweitet worden. Eine interkulturelle Projektwoche für Grundschulen sowie ein gemeinsam mit der Merkez-Moschee und dem Bibelhaus Erlebnismuseum angebotenes interreligiöses Schulprogramm würden ausgebaut. Ein Angebot zur Demokratiebildung von Schülern auf der Grundlage von Reden der Paulskirchenversammlung werde von Schulen gebucht.
Die Nachfrage von Schulen nach einem im Oktober initiierten fachlichen Austausch mit Lehrerinnen und Lehrern sei hoch, sagte Wenzel. Lehrkräfte hätten in der Ausbildung häufig keine Methoden an die Hand bekommen, um in einer von Migration geprägten Schülerschaft auf den Nahost-Konflikt angemessen reagieren zu können. Lehrkräfte trauten sich oft nicht, gegen israelbezogenen Antisemitismus frühzeitig einzuschreiten. Das Museum bringe auch Know-how in Studienseminare der Pädagogen-Fortbildung ein.
Die Direktorin stellte für dieses Jahr drei Wechselausstellungen vor. Die multimediale Ausstellung „Natalia Romik. Architekturen des Überlebens“ zeigt vom 1. März bis 1. September Verstecke, in denen Menschen sich nach dem deutschen Überfall im östlichen Polen und in der Ukraine im Zweiten Weltkrieg verbargen. Die Ausstellung „Mirjam Pressler. Schreiben ist Glück“ stellt vom 19. April bis 1. September die Schriftstellerin („Bitterschokolade“), Übersetzerin (Das Tagebuch der Anne Frank) und Künstlerin vor. Schließlich widmet sich die Schau „Im Angesichts des Todes“ vom 1. November bis Juli 2025 als „europaweit erste Ausstellung“ umfassend der Kulturgeschichte des Todes im Judentum.