Die Christen geraten im Nahostkonflikt oft zwischen die Fronten. Die Kirche sieht sich vor allem humanitär gefordert. Helfen ist aber schwierig, weil jede Partei ein “Monopol auf das Leid” erhebe, sagt ein Kirchenführer.
Eine falsch verstandene Neutralität der Kirche im israelisch-palästinensischen Konflikt ist nach Worten von Kardinal Pierbattista Pizzaballa keine Lösung. “Kommen Sie mit nach Gaza, sprechen Sie mit meinen Leuten, die alles verloren haben, und dann sagen Sie mir, dass ich neutral bleiben soll!”, sagte der Lateinische Patriarch von Jerusalem laut Mitteilung des katholischen Hilfswerks “Kirche in Not” vom Freitag bei einem Besuch einer Hilfswerksdelegation im Heiligen Land. “Kirche in Not” finanziert dort mehrere Hilfsprojekte.
Pizzaballa warnte zugleich vor einer Vereinnahmung der Kirche im Gaza-Krieg. Sie dürfe nicht Teil des politischen oder militärischen Konflikts werden. Aufgabe der Kirche sei es, Menschen zusammenzubringen und zu helfen. Das werde dadurch erschwert, dass jede Konfliktpartei ein “Monopol auf das Leid” erhebe und die Situation polarisiert sei.
Bedarf sieht der Kirchenführer nicht nur bei der humanitären Hilfe, sondern auch für Seelsorge. Die Lage im Gazastreifen und auch im von Israel besetzten Westjordanland ist laut dem italienischen Franziskaner dramatisch. Hilfe erreiche die Menschen in Gaza aufgrund der Instabilität oft erst nach Wochen. Im Westjordanland sei die Arbeitslosenrate in Folge des kriegsbedingten Einbruchs des Tourismus und des israelischen Entzugs von Einreisegenehmigungen für palästinensische Arbeiter auf 78 Prozent gestiegen. Das sei “die höchste Quote der Geschichte”.