Etwa jede 20. Unterrichtsstunde ist an nordrhein-westfälischen Schulen im vergangenen Schuljahr ersatzlos ausgefallen. Das betraf 4,8 Prozent aller Schulstunden, wie die am Mittwoch vom NRW-Bildungsministerium veröffentlichte Unterrichtsstatistik 2023/24 zeigt. Gründe dafür seien neben erkrankten Lehrkräften auch Konferenzen und Fortbildungen sowie verkürzte Schultage zu Ferien oder Einschulungen, Brauchtumstage sowie Elternsprechtage, hieß es. Die höchsten Ausfallquoten wurden mit sieben und 6,5 Prozent an Gesamt- und Realschulen verzeichnet. An Grund- und Förderschulen waren sie mit drei und 3,3 Prozent am niedrigsten.
Jede zehnte Unterrichtsstunde an den NRW-Schulen wurde laut Statistik von anderen Lehrkräften vertreten (10,1 Prozent), etwa die Hälfte davon im vorgesehenen Fach (5,1 Prozent). 77,5 Prozent des Unterrichts fand den Angaben zufolge nach Plan statt. 6,2 Prozent der Stunden wurden in besonderer Form erteilt, etwa durch Schulfahrten, Exkursionen, Projekttage, Praktika, Wettbewerbe, Schul- oder Sportfeste. Inklusive des Vertretungsunterrichts seien 93,8 Prozent der vorgesehenen Unterrichtsstunden erteilt worden.
In der gymnasialen Oberstufe sei bei Ausfällen meist das Eigenverantwortliche Arbeiten (EVA) eingesetzt worden, bei dem Schülerinnen und Schüler selbstständig Inhalte und Aufgaben bearbeiten, erklärte das Ministerium. Auf dieses eigenverantwortliche Arbeiten entfielen insgesamt 1,4 Prozent des Unterrichts. In der Sekundarstufe II an Gymnasien (11,5 Prozent) und an Gesamtschulen (13,2 Prozent) fiel diese Art der Arbeit allerdings erheblich ins Gewicht.
Schulministerin Dorothee Feller (CDU) betonte, die Ergebnisse der Unterrichtserhebung seien Ansporn und Herausforderung zugleich. Mit der Statistik wolle man für „größtmögliche Transparenz“ sorgen und ein umfassendes Bild zur Situation an den Schulen erhalten. Sie kündigte an, das Handlungskonzept Unterrichtsversorgung weiter voranzutreiben.
Die SPD und FDP im NRW-Landtag kritisierten die Ausfälle als zu hoch. Die schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dilek Engin, schlug eine umfassende Lehrplanreform, moderne Prüfungsformate und Unterrichtsformen sowie mehr Freiräume und Verantwortung für die Lehrkräfte vor. Die FDP forderte von der schwarz-grünen Landesregierung unter anderem mehr Lehrkräfte und Unterstützungspersonal sowie die Einführung eines modernen Personalmanagements. „Die Schülerinnen und Schüler brauchen Sicherheit, dass ihr Unterricht stattfindet, und die Lehrkräfte brauchen ein Arbeitsumfeld, das sie gesund hält“, betonte die bildungspolitische Sprecherin der FDP, Franziska Müller-Rech.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in NRW kritisierte, die Erhebung zeige nicht, wie groß die Lücken durch den sogenannten strukturellen Unterrichtsausfall seien. Dieses Problem sei hauptsächlich auf den Personalmangel zurückzuführen. Aktuell sind laut Ministerium 8.049 Stellen unbesetzt. So werde das Bild des schulischen Alltags in der Statistik verzerrt, kritisierte der Landesvorsitzende Stefan Behlau.
An der Erhebung haben laut Ministerium alle rund 4.400 öffentlichen Grundschulen, Haupt-, Real- und Gesamtschulen, Gymnasien, Sekundarschulen, Primus-Schulen und Förderschulen im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen teilgenommen. An sogenannten Primus-Schulen wird das längere gemeinsame Lernen von Klasse eins bis zehn ohne Schulwechsel erprobt.