Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sowie die Umweltschutzorganisationen Nabu und WWF verlangen einem Medienbericht zufolge in einem gemeinsamen Thesenpapier von der
Bundesregierung, die umstrittene Speicherung abgeschiedener Kohlendioxid-Emissionen im Erd- oder Meeresboden zuzulassen. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Mittwoch) berichtet, begründen Nabu und WWF ihren Kurswechsel damit, dass alles zur Begrenzung der Erderwärmung getan werden muss. Umweltschützer hatten die sogenannte CCS-Technologie bislang abgelehnt, unter anderem weil Umweltschäden durch entweichendes Gas befürchtet werden.
Derzeit ist die CO2-Speicherung in Deutschland nur zu Forschungszwecken erlaubt. In dem Thesenpapier, das am Mittwoch veröffentlicht werden soll und der „Süddeutschen Zeitung“ dem Bericht zufolge bereits vorliegt, heiße es, ohne die Speicherung (CCS) und die Nutzung industrieller Emissionen (CCU) werde Deutschland keine Chance haben, die Wirtschaft zügig umzubauen und die eigenen Klimaziele zu erreichen. Es sei richtig, CCS und CCU nun prioritär dort einzusetzen, wo Kohlendioxid-Emissionen nach aktuellem technischem Stand nicht vermieden werden können.
Der Fachbereichsleiter Klima- und Umweltpolitik beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Daniel Rieger, sagte der Zeitung, man müsse zur Kenntnis nehmen, dass man zur Begrenzung der Erderwärmung „einfach alle Hebel in Bewegung setzen“ müsse und „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine andere Option für die Dekarbonisierung einzelner Industrien besteht“. Denn auch mit 100 Prozent erneuerbaren Energien blieben etwa in der Kalkindustrie oder auch der Landwirtschaft noch Emissionen übrig. Viviane Raddatz, die Klimachefin des World Wildlife Funds (WWF), verlangte eine Carbon-Management-Strategie, die deutlich macht, dass das Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid für die Industrie ein wichtiger Baustein sein wird, aber nur für Prozesse, in denen sich Emissionen aktuell nicht vollständig vermeiden lassen. Die Reduktion müsse immer Vorrang haben.
Ausgegangen war die Initiative für das Thesenpapier dem Medienbericht zufolge vom BDI. Ihm gehe es darum, den Industriestandort zu stärken und dafür zu sorgen, dass etwa klimaneutraler Zement künftig auch in Deutschland statt nur im Ausland produziert wird. Auch könnte die Errichtung von Kohlendioxid-Abscheideanlagen für die deutschen Anlagenbauer weltweit ein lukratives Geschäft werden. Hier träfen sich die Interessen der Industrie mit denen der Gewerkschaften.