Hudhaifa Al-Huthaifa war 21 Jahre alt, als er entschied, seine Heimat zu verlassen. Der kleine Supermarkt seiner Familie war überfallen worden. Ein Mitarbeiter tot, sein Onkel angeschossen.
Die erste Station auf seiner sechsjährigen Reise führte Al-Huthaifa gemeinsam mit seinem Onkel nach Indien. Al-Huthaifa fand einen Job in einem Restaurant, lernte Englisch. „Ein ein Halb Jahre bin ich dort geblieben, dann kam Corona…“, erzählt er und wie viele andere, musste auch das Restaurant in dem er arbeitete geschlossen werden. Ohne Arbeit oder Anschluss gingen Neffe und Onkel zurück in den Jemen, diesmal in den Süden des Landes. Wieder eröffneten sie einen kleinen Supermarkt, wieder ein Überfall, wieder ein Toter. Diesmal war es sein Onkel.
Vom Jemen nach Ägypten
Darauf zog Hudhaifa Al-Huthaifa alleine in die Welt. Er flog nach Ägypten, fand einen Job und blieb für ein Jahr auf dem neuen Kontinent. Währenddessen beantragte er für viel Geld ein Visum nach Russland, wo er nach seiner Ankunft nach Belarus weiterzog. Wieder fand er eine Arbeit – diesmal nur für zwei ein Halb Monate, dann führte seine Reise ihn nach Polen.
„Als Kind wollte ich immer in Deutschland studieren und Arzt werden“, sagt Al-Huthaifa. „Das war ein großer Traum.“ Seinem Wunsch so nah, führte ihn sein Weg, gemeinsam mit einem Freund, den er auf seiner Reise kennenlernte, schließlich nach Deutschland. Das ist jetzt elf Monate her.
Al-Huthaifa und sein Freund wurden in unterschiedlichen Flüchtlingsheimen untergebracht. Er in Schönberg in Schleswig-Holstein, sein Freund in München. Aber Al-Huthaifa hat ein Ziel: Das Studium. Also lernte er die Sprache und suchte wieder nach einer Arbeit. Vor sechs Monaten fand er sie, in einem Restaurant am Schönberger Strand.
Gastronomie-Job in Schönberg
„Die Arbeit mit Hudhaifa macht super viel Spaß“, sagt seine Kollegin Georgina Schönborn. „Er hat quasi immer gute Laune und ist sehr ambitioniert was das Lernen betrifft.“ Auch Restaurantleiterin Stephanie Voß ist froh, dass Al-Huthaifa den Weg ins Restaurant Filou gefunden hat: „Er kümmert sich um alle Vorbereitungen, macht Soßen, schneidet Gemüse, putzt Garnelen und unterstützt den Küchenchef beim Pizzabacken. Er ist eine super Hilfe.“ Auch um die Spülküche kümmert sich Al-Huthaifa. „Und es ist nicht leicht, dafür motiviertes Personal zu finden“, gibt Stephanie Voß zu bedenken.
Mitte Dezember kam der Rückschlag: Al-Huthaifas Asyl-Antrag in Deutschland wurde abgelehnt, bis jetzt gilt der Jemen als sicheres Rückführungsland. „Wir haben gegen dieses Urteil Klage eingereicht“, sagt Stephanie Voß. „Im Jemen gibt es einen großen Bürgerkrieg und die Lage da wird neu bewertet.“ Außerdem sei Al-Huthaifa super integriert und gehöre längst fest zum Team.
Unsicherheit über sein Asyl macht ihm Angst
Auch Al-Huthaifa fühlt sich im Team wohl, spricht sogar von einer „zweiten Familie“. „Wir machen viel Spaß in der Küche und alle helfen mir beim Deutsch lernen.“ Die Unsicherheit über sein Asyl macht ihm Angst. Er möchte nicht zu Armut und Krieg zurück. „Das ist auch fürs Lernen super demoralisierend“, sagt der 26-jährige nachdem er in einer App nach dem richtigen Wort gesucht hat. „Vielleicht kann ich hierbleiben, vielleicht werde ich im August ausgewiesen.“
Hudhaifa Al-Huthaifa lernt trotzdem weiter und hofft, hier bleiben zu dürfen. Sechs Jahre sind vergangen, seit Al-Huthaifa seine Heimat das erste Mal verlassen hat – seitdem hat er seine Eltern und seine Geschwister nur noch per Video-Anruf auf dem Bildschirm gesehen. Seine Neffen und Nichten hat er nie kennengelernt. Während er von seiner Familie erzählt, bricht seine Stimme mehrmals ab.
Kein Wunder, dass sich seine Ziele für Deutschland geändert haben: Studieren möchte er nicht mehr, dafür findet er sich zu alt. „Ich möchte Gemeinschaft“, sagt Al-Huthaifa. „Und eine eigene Familie.“