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… ich habe eine Frage. „Warum sind Sie dagegen, dass Flüchtlinge nach Italien zurückgeschickt werden? Was haben Sie erlebt, als Sie jetzt Flüchtlingshilfsorganisationen in Rom besucht haben?“

Von Bischof Markus Dröge

Unsere italienischen Gastgeber hatten Luis eingeladen. Ein junger Mann, 25 Jahre alt, aus Guinea. Er kam als Minderjähriger nach Italien. Jeden Tag telefoniert er mit seiner Mutter und seinen Schwestern. Er hört von der desolaten wirtschaftlichen Lage, der Gewalt auf der Straße und auch, wie die Regierung Andersdenkende einschüchtert. „Ich habe gesehen, wie das Land Menschen, auch Kinder, ohne Gnade tötet. Meine Familie ist froh, dass ich hier bin.“ Paolo spricht fließend Italienisch. Inzwischen hat er eine Ausbildung beendet und hofft, dass er innerhalb der nächsten zwei Wochen den ihm zugesagten Arbeitsvertrag in einem Hotel erhält. Sonst sitzt er ohne Perspektive auf der Straße, muss unter Brücken schlafen oder in besetzten Häusern.Bei Gesprächen mit dem Präsidenten des italienischen Senats und Politikern aller Parteien wurde mir deutlich, wie sehr sich Italien mit den vielen Flüchtlingen von den anderen europäischen Staaten allein gelassen fühlt. Denn nach der Dublin-Vereinbarung ist das EU-Land für die Aufnahme zuständig, in das die Flüchtlinge zuerst ihren Fuß setzen. Innerhalb Europas dürfen Flüchtlinge und Migranten erst dann nach Arbeit suchen, wenn sie fünf Jahre Arbeit im Aufnahmeland nachweisen können. In Italien ist die Erstaufnahme zwar gut organisiert. Aber wenn später anerkannte Flüchtlinge auf dem leergefegten italienischen Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen können und obdachlos werden, ist das keine Perspektive. Denn in Italien gibt es kein vergleichbares Sozialhilfesystem wie in Deutschland, auch für Italiener nicht. (…)

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