Lübeck. Gudrun Schmidt (72) erinnert sich noch gut, in welch gegenseitigem Respekt Katholiken und Protestanten über Jahrzehnte hinweg miteinander umgingen und auch heute noch in Eintracht leben. Obwohl sich so vieles in all den Jahren verändert hat. Schmidts Vater war der evangelische Pastor Martin Hesekiel, der von 1947 bis 1959 für die St.-Andreas-Gemeinde im Lübecker Stadtdteil Schlutup zuständig war. Sein katholischer Mitbruder war ab 1954 Pastor Albert Hentschke, Priester der Gemeinde St. Ansgar, die bis Mitte des vergangenen Jahrzehnts noch als eigenständige Gemeinde in Schlutup existierte.
Bis zu seinem Tod im Jahr 1996 war Albert Hentschke in dem früheren Grenzort tätig, zuletzt als hochbetagter 85-Jähriger. Erst wenige Monate vor seinem Tod war er in den Ruhestand gegangen. Acht evangelische Mitbrüder und eine Mitschwester erlebte er in seinen 42 Jahren als Pastor von St. Ansgar. Die Kirche, die ursprünglich gegenüber dem evangelischen Friedhof auf der anderen Straßenseite stand, war 1953 geweiht und im Jahr 2006 wieder abgerissen worden. Ein Umstand, den viele Katholiken in Schlutup bis heute nicht verwunden haben.
Ein dauerhafter Gedenkort
Umso mehr wird es auch sie freuen, dass ein dauerhafter Gedenkort für ihren langjährigen Seelsorger auf dem evangelischen Friedhof eingerichtet werden soll, wenn die Liegezeit seiner Grabstätte dort, ein ehemaliges Familiengrab, Ende des Jahres abläuft. Der Grabstein und die Gedenkplatte der Gemeinde werden dann an anderer Stelle des Friedhofs aufgestellt, dort wo auch mehrere evangelische Pastoren ihre letzte Ruhestätte fanden – unter einer Birke an der Kapelle.
„Einen katholischen Geistlichen hier auf dem Friedhof zu haben, das ist für mich ein richtig schöner Gedanke“, sagt Pastor Kai Schäfer (50). Er könnte sich auch gut vorstellen, dass Katholiken in der historischen St.-Andreas-Kirche oder in der Kapelle auf dem Friedhof Gottesdienste feiern, wobei er weiß, dass in dieser Hinsicht auf katholischer Seite derzeit einiges im Umbruch ist. Der Kirchengemeinderat habe jedenfalls schon seine Zustimmung gegeben.
Dass das ganz im Sinne des verstorbenen Priesters wäre, daran zweifelt auch Werner Lopitz (75) nicht, ehemals stellvertretender Vorsitzender im Kirchenvorstand von St. Ansgar: „Unser Pastor Hentschke hat die Ökumene immer gefördert. Das war richtig toll“, sagt er. Und die Bewegung ist ihm anzumerken, als er sagt: „Er ist noch immer überall da, weil er Mensch war. Er hat sich um die Seelen der Menschen gekümmert.“