Der Hessische Flüchtlingsrat, die Diakonie Hessen und der Paritätische Hessen werfen der neuen Landesregierung rechtswidrige Vorhaben in der Flüchtlingspolitik vor. „Anstatt positive Anreize zu setzen, atmet der Koalitionsvertrag fast ausschließlich den Geist von Desintegration und Restriktion“, sagte Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen.
Die Verbände kritisieren, dass der Koalitionsvertrag zu Migration und Integration auf einer falschen Annahme beruhe, nämlich dass nach dem Aufenthaltsgesetz Personen, die keinen Schutzstatus im Asylverfahren erhalten, Deutschland verlassen müssten. Regelungen zur vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung und zahlreiche Bleiberechtsregelungen im Aufenthaltsgesetz würden ignoriert, monieren die Verbände.
Daneben kündige der Koalitionsvertrag Regelungen an, für die eine Landesregierung gar nicht zuständig sei. So wolle die Koalition die Teilhabe- und Leistungsrechte während des Asylverfahrens beschränken, abgelehnte Asylbewerber mit Duldung sollten keine analogen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Dies sei aber Bundesrecht, monieren die Verbände. Die Infragestellung des Grundsatzes, dass Menschen nicht in ein Land abgeschoben werden dürfen, in dem eine Verletzung der Menschenrechte droht, wäre verfassungs- und völkerrechtswidrig, so die Verbände.
Auch das Vorhaben, schon während des Asylverfahrens Identitätsnachweise beschaffen zu wollen, sei gesetzwidrig, denn Passersatzpapiere könnten nur von dem Herkunftsland beschafft werden, aus dem Asylbewerber geflüchtet sind. Die Landesregierung dürfe auch Personen, die falsche Angaben zu ihrer Identität machten, nicht von einem Bleiberecht ausschließen. Sanktionen seien bundesgesetzlich geregelt und Entscheidungen träfe allein das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Der „Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Hessen“ kritisierte das Vorhaben, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Unterkünften untergebracht werden dürfen, die nicht den Jugendhilfestandards des Kinder- und Jugendhilfegesetzes entsprechen. Dies sei ein „Angriff auf das Kindeswohl“.