Fünf Tage lang kommen ab diesem Sonntag (27. Oktober) mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur 75. Tagung der Internationalen Gesellschaft für Tiefenpsychologie in Lindau zusammen. Die Gesellschaft wurde 1949 als interdisziplinäres Projekt von Theologen und Psychologen unter dem Namen „Arzt und Seelsorger“ gegründet, wie die Gesellschaft anlässlich ihrer Jubiläums-Herbsttagung mitteilte. Die Gesellschaft habe damals die Zusammenarbeit zweier Disziplinen begründet, die sich „eigentlich nichts mehr zu sagen hatten“, wie es Theologin und Publizistin Johanna Haberer in der Festschrift formuliert.
Im Wettbewerb von Theologie und Psychologie habe sich „in Nahaufnahme der Wettbewerb zwischen Religion und Agnostizismus“ um die Seelen der Menschen abgespielt, schreibt Professorin Haberer weiter. Zusammen mit der Psychiaterin Renate Daniel bildet sie die wissenschaftliche Leitung der Herbsttagung. Die Internationale Gesellschaft habe eine Menge getan, um den Brückenschlag zwischen „einer religiösen Seelsorge und einem spirituellen therapeutischen Zugang“ zu ermöglichen. Etwa, indem man die Erkenntnisse der Psychoanalyse auch für die seelsorgerischen Konzepte zu nutzen begann und in die Pfarrerausbildung integrierte.
Der Vorsitzende der Gesellschaft, der Psychoanalytiker Konstantin Rößler, erinnerte in der Festschrift daran, wie sich die zweite Tagung der Gesellschaft 1952 mit dem Thema „Angst und Schuld“ beschäftigt hatte – nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg und mit Beginn des Kalten Krieges. „Insbesondere kollektiv erlebte Ängste begegnen uns heute als zentrale Faktoren der gesellschaftlichen Dynamik wieder“, schreibt Rößler. Es gehe inhaltlich heute zwar um anderes, etwa Klimakrise, Identitätsängste oder Angst vor Wohlstandsverlust – aber wie damals gebe es auch die Angst vor einem Wiedererstarken rechtsradikaler Kräfte.
Die Tagung bietet verschiedene Vorträge, Seminare und Übungen an, ein Teil des Angebots kann auch online über das Videokonferenzsystem Zoom genutzt werden. (00/3126/21.10.2024)