Die Hilfsorganisation HateAid für Betroffene von digitaler Gewalt sieht eine wachsende Tendenz zu Hassrede und einer Entgrenzung des Diskurses im Internet. „Heutzutage ist fast jedes Thema politisch aufgeladen“, sagte die Geschäftsführerin der Hilfsorganisation, Josephine Ballon, am Freitag dem WDR-Radio in Köln. Aus Studien gehe hervor, dass mittlerweile mehr als die Hälfte der Internetnutzer Hass im Netz beobachtet hätten, mindestens ein Drittel sei selbst davon betroffen. Vor allem junge Menschen würden mit diesem Phänomen konfrontiert.
Ballon rät Betroffenen von Hassrede, in jedem Fall Strafanzeige zu stellen. Auch wenn sich die Behörden aufgrund der Intransparenz der sozialen Netzwerke schwer täten, die mutmaßlichen Täter zu ermitteln, sollte eine Anzeige gestellt werden, um diese Fälle zumindest zu registrieren. Das könne dazu dienen, den „politischen Handlungsdruck“ zu erhöhen, sagte sie. Die Selbstverpflichtungen der sozialen Netzwerke reichten nicht aus, um im Kampf gegen Hassrede erfolgreich zu sein.
„Wir müssen davon ausgehen, dass Hass im Netz allgegenwärtig ist“, betonte Ballon. Im Internet herrsche mittlerweile ein derart „toxisches Klima“, dass es nicht reiche, wenn die Betroffenen die Drohungen oder Anfeindungen einfach ignorierten. Deshalb stehe es „nicht allein zur Disposition der Betroffenen, ob sie sich dagegen wehren wollen. Denn die Effekte gehen uns alle an.“
HateAid wurde 2018 gegründet und unterstützt Menschen, die mit Hass im Netz konfrontiert wurden, beraten und unterstützt. Dazu gehört auch Prozesskostenfinanzierung. Die Organisation begleitete etwa die Klage der Grünen-Politikerin Renate Künast wegen Verleumdung im Netz gegen einen Rechtsextremisten.