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Harris oder Trump – Die US-Wahl hat auch für Mexiko Konsequenzen

Handel, Waffen und Migration: Die USA und Mexiko sind eng miteinander verwoben. Zur Wahl steht am Dienstag auch der Umgang miteinander. Gehen die Nachbarn auf Konfrontation oder schließen sie Kompromisse?

Seit genau einem Monat ist Claudia Sheinbaum im Amt. Mit Äußerungen zum Binnenverhältnis mit den USA hielt sich die neue mexikanische Präsidentin bislang weitgehend zurück. Das war klug: In der aufgeheizten Endphase des US-Wahlkampfes wäre wohl jeder Kommentar ein Risiko. Deswegen war es besser abzuwarten, wer in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch das Rennen in den Vereinigten Staaten macht. Das wird ganz entscheidenden Einfluss auf die Präsidentschaft Sheinbaums haben. Mexiko und die USA sind schließlich eng miteinander verwoben.

Zu Wahl steht auch der zukünftige Stil des Umgangs miteinander. Donald Trump steht für Konfrontation. Er drohte Mexiko schon während seiner ersten Präsidentschaft an, mit Hilfe von Strafzöllen eine andere Migrationspolitik durchzusetzen, und rühmte sich anschließend: “Ich habe von Mexiko alles bekommen. Ich habe gewonnen.” Mexikos damaliger Präsident Andres Manuel Lopez Obrador entschied sich für eine Art Unterwerfungskurs, betonte fortlaufend das gute Verhältnis zu Trump und lobte den US-Präsidenten. Weitere große Konflikte gab es nicht mehr.

Mit Kamala Harris dürfte vor allem ein respektvollerer Umgangsstil herrschen. Abgesehen davon, dass dann beide Nachbarländer erstmals von Frauen regiert würden, gilt Harris im Ton als konzilianter. Aber auch sie machte klar: Illegal eingereiste Migranten würden abgeschoben – unter anderem nach Mexiko.

Doch es gibt weiteres Konfliktpotenzial. Trump packte im Wahlkampf wieder einmal sein liebstes Drohpotential aus: die Strafzölle. Wieder soll es in Mexiko produzierte Autos treffen. Von 100 oder gar 200 Prozent Zoll ist da die Rede, auf jeden Fall solle “kein Auto verkauft werden, das in Mexiko produziert” werde.

Ob das jedoch realistisch ist, ist eine andere Frage: Trump selbst war es, der das Nachfolge-Handelsabkommen des NAFTA-Freihandelsvertrages aushandelte und damit den Binnenmarkt Nordamerika stärkte. Die Produktionsabläufe sind innerhalb Kanadas, der USA und Mexiko genau aufeinander abgestimmt. Die gezielte Zerstörung der Autoindustrie in Mexiko mit dem Ziel, sie in die USA zu verlegen, ist vertragsrechtlich also eher unwahrscheinlich.

Auch könnte das wiederum negative Folgen für die USA haben: Der Abzug der Automobilindustrie könnte zunächst Mexiko in eine Wirtschaftskrise stürzen. Eine mögliche Folge wäre anschließend eine neue Migrationskrise.

Das Thema Migration bewegt beide Länder. Mexiko will nicht länger Durchgangsland sein. Die USA wollen – egal wer die Wahlen gewinnt – die Migrationszahlen weiter drücken. Die Biden-Harris-Administration hat sich dafür auch auf politische umstrittene Maßnahmen eingelassen; wie etwa die Finanzierung von Abschiebeflügen aus Panama, um die Migrationsroute zwischen Kolumbien und Panama – also zwischen Südamerika- und Mittelamerika – zu blockieren.

Die verfassungsrechtlich umstrittene Wiederwahl von El Salvadors populärem Präsidenten Nayib Bukele winkte Washington durch, als die Migrationszahlen aus dem kleinen Land rückläufig waren. Das führte tatsächlich zu einem Rückgang der Migrationszahlen an der mexikanischen Nordgrenze, die an Texas, New Mexiko, Arizona und Kalifornien stößt.

Die Biden-Harris-Regierung tat alles, um im Wahljahr die Migrationszahlen zu drücken. Dafür erleichterte Washington die legale Form der Einreise über ein humanitäres Programm. Eine wirkliche Strategie ist aber noch nicht zu erkennen. Sheinbaum forderte vor Wochen mehr Investitionen in den Ursprungsländern der Migration: “Das ist billiger, als Mauern zu bauen.”

Ungelöst ist auch die Frage des Drogenhandels aus Mexiko in Richtung USA und des Waffenhandels in die umgekehrte Richtung. In Kolumbien explodiert gerade die Kokainproduktion; Mexikos Drogenküchen produzieren synthetische Drogen. Manch eine Innenstadt in den USA wird durch Drogenabhängige geprägt. In Mexiko wiederum nimmt die Gewalt zu; auch wegen der Waffen, die illegal aus den USA eingeführt wurden. All das sind Themen, die spätestens nach der Amtseinführung der neuen Regierung in Washington auf die Tagesordnung kommen – und dringend gelöst werden müssen.