Vor einem Jahrzehnt verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das das Leben von Müttern und Neugeborenen in schwierigen Situationen verbessern soll. Seither ist es bei etwa 1100 Geburten bundesweit angewandt worden.
Das „Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt“ ermöglicht es Frauen in Not, medizinische Unterstützung zu erhalten und anonym zu gebären. Ihre Neugeborenen werden danach sofort zur Adoption freigegeben.
Unterstützung für werdende Mütter
Das Gesetz zielt darauf ab, die Anzahl der Neugeborenen zu reduzieren, die nach der Geburt ausgesetzt werden. Der „Arbeitskreis vertrauliche Geburt“, in dem der Diakonieverband Hannover-Land und andere Schwangerschaftsberatungsstellen zusammenarbeiten, bietet Unterstützung und Beratung für diese Mütter.
„Wir beraten und begleiten Frauen, die anonym gebären möchten“, sagt Karin Aumann vom Evangelischen Beratungszentrum in Hannover, das auch schwangeren Frauen in einer Notsituation hilft. „Die Frau wählt ein Pseudonym und zeigt ihren Ausweis, um einen Herkunftsnachweis zu erstellen, der dann an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben weitergeleitet wird.“
Dieser Nachweis wird dort 16 Jahre lang aufbewahrt. Danach können die Kinder die Briefe einsehen und ihre Herkunft klären. „Wir ermutigen die Mütter auch, einige Zeilen für ihre Kinder zu schreiben“, fügt Aumann hinzu. Diese Botschaften aus der Vergangenheit helfen Adoptivkindern, mehr über ihre Geburt zu erfahren, wenn sie es wünschen.
Eine Alternative zur Babyklappe
„Die Mütter können das Krankenhaus auswählen, in dem sie gebären möchten“, so Aumann. Unter ihrem Pseudonym erhalten sie medizinische Versorgung, werden von einer Hebamme betreut und können das Kind nach der Geburt direkt zur Adoption freigeben. „Das Krankenhaus rechnet direkt mit der Krankenkasse ab, sodass die Frauen anonym bleiben können.“
Es gibt viele Gründe, warum sich Frauen für eine vertrauliche Geburt entscheiden. Diese reichen von häuslicher Gewalt über familiäre Konflikte bis hin zu ungewollten Schwangerschaften, die erst nach der zwölften Woche festgestellt werden – zu einem Zeitpunkt, an dem eine Abtreibung nicht mehr legal ist.
Nachfrage nach Beratung zur vertraulichen Geburt höher als erwartet
„Wir sind die zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle auf dem Weg zur Geburt“, fasst Aumann zusammen. Die Neugeborenen werden in der Regel direkt an ihre Adoptiveltern übergeben. „Sie wissen, dass es sich um eine vertrauliche Geburt handelt und dass sie das Recht haben, die Entscheidung zur Adoption zurückzunehmen“, sagt Aumann. In Hannover und Umgebung gibt es durchschnittlich zwei vertrauliche Geburten pro Jahr. „Wir möchten das zehnjährige Bestehen nutzen, um dieses Angebot bekannter zu machen“, sagt Aumann, die auch im Arbeitskreis tätig ist. Zu dem gehört auch Pro Familia. „Wir halten das Gesetz für notwendig und sinnvoll“, sagt Ulf Gronau von Pro Familia. „Es macht die Babyklappe nicht überflüssig, aber die Nachfrage nach Beratung zur vertraulichen Geburt ist höher als erwartet.“
Das Angebot ist wie ein Geländer, an dem sich werdende Mütter festhalten können, um eine Lösung zu finden, sagt Gronau: „Die Frauen bekommen dadurch das Gefühl, dass sie die Schwangerschaft bewältigen können.“ Oft entscheiden sich Frauen nach der ersten Beratung, das Kind zu behalten.
„Wir müssen Respekt vor der Entscheidung der Betroffenen haben“
Unabhängig von ihrer Entscheidung geht es immer um verantwortungsvolles Handeln. „Wir müssen Respekt vor der Entscheidung der Betroffenen haben“, betont Gronau. Nach zehn Jahren zieht er eine positive Bilanz: „Die vertrauliche Geburt ist eine gute Möglichkeit, Frauen in Not zu unterstützen.“
Wie es wird, wenn die ersten Kinder, die unter das Gesetz fallen, ihre Herkunft erkunden können und Zeilen ihrer leiblichen Mutter lesen können, wird sich erst noch zeigen, sagt Karin Aumann: „Wir sind selbst ein wenig gespannt, wie sich die Situation in Jahren, wenn die ersten Kinder den Herkunftsnachweis öffnen, entwickeln wird.“