Im Schatten des Gazakriegs hat Israel seine weltweit kritisierte Siedlungspolitik weiter vorangetrieben. Die israelische Organisation “Peace Now” wirft der Regierung vor, Fakten in Sachen Besatzung zu schaffen.
Dramatische Zahlen zum israelischen Siedlungsausbaus in den besetzten palästinensischen Gebieten nennt die israelische Organisation “Peace Now”. Mehr illegale Siedlungsaußenposten, mehr Siedlerwohnungen, mehr Legalisierungen illegaler Punkte, mehr Landnahmen und mehr Siedlergewalt gegen Palästinenser sind die Bilanz, die die Friedensaktivisten in ihrem Sonderbericht am Donnerstagabend in Jerusalem vorlegten. Darin wirft die Gruppe der Regierung vor, während des anhaltenden Gazakriegs “immense Ressourcen investiert” zu haben, um Fakten im Westjordanland zu schaffen.
Nach Angaben von Peace Now wurden seit Beginn des Gazakriegs am 7. Oktober 2023 mindestens 25 neue illegale israelische Siedlungsaußenposten errichtet. Dabei handele es sich mehrheitlich um Farmen, die “an der Landnahme und systematischen Vertreibung von Palästinensern aus dem Gebiet beteiligt sind”. Im gleichen Zeitraum wurden laut Bericht drei bisher nach israelischem Recht illegale Außenposten legalisiert sowie Pläne für rund 8.700 neue Siedlerwohnungen vorangetrieben.
Dabei habe die Regierung die Mittel für den Siedlungsbau um umgerechnet knapp 76 Millionen Euro erhöht, was einer Verdopplung gleichkomme. Weitere 1,7 Millionen sollen demnach gemäß einem Fünfjahresplan in den Straßenbau in Siedlungen fließen, während einzelne Siedlerprojekte mit einer zusätzlichen Gesamtsumme von umgerechnet 103 Millionen Euro gefördert würden, darunter von den christlichen Kirchen stark kritisierte Programme im sogenannten heiligen Altstadtbecken von Jerusalem. Zusätzlich habe Finanzminister Bezalel Smotrich die finanzielle Unterstützung von 70 illegalen Siedlungsaußenposten sowie ihre Erschließung angeordnet.
2024 ist nach Angaben der Friedensorganisation durch die größte Landnahme Israels in den palästinensischen Gebieten in 30 Jahren geprägt. Insgesamt wurden demnach seit Kriegsbeginn rund 24 Quadratkilometer palästinensisches Land zu Staatsland deklariert. Gleichzeitig wurden den Palästinensern der Zugang zu Dutzenden Quadratkilometern Ackerland verwehrt sowie rund 1.200 palästinensische Häuser im Westjordanland und Ostjerusalem zerstört, so Peace Now unter Verweis auf Zahlen des UN-Koordinierungsbüros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA).
Für den gleichen Zeitraum dokumentiert die Organisation unter Berufung auf OCHA-Zahlen und Menschenrechtsorganisationen rund 1.100 Fälle von Siedlergewalt gegen Palästinenser. Knapp 1.400 Palästinenser aus 29 Orten seien von Siedlern aus ihren Häusern vertrieben worden. Siedler töteten mindestens elf Palästinenser, “bei 6 weiteren Todesopfern ist unklar, ob sie von Siedlern oder der Armee erschossen wurden”.