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Grundlegende Reform der Pflegeversicherung soll erarbeitet werden

Es ist eine Mammutaufgabe: Am Montag starten die Arbeiten für eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung. Bundesgesundheitsministerin Warken stellt klar: Es bleibt bei einer Teilkasko-Versicherung.

Wie es mit der Pflege in Deutschland weitergeht, darüber soll in den kommenden Monaten eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe für die Pflegereform beraten. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will am Montag den Startschuss dafür geben. Ziel des “Zukunftspaktes Pflege” ist, eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung zu erarbeiten, ambulante und häusliche Pflege zu stärken und den Zugang zu Leistungen zu vereinfachen.

Mitwirken an der Bund-Länder-Arbeitsgruppe werden neben dem Bundesgesundheitsministerium das Bundeskanzleramt, die übrigen beteiligten Bundesministerien, die Arbeits- und Sozialministerinnen und -minister der Länder sowie die kommunalen Spitzenverbände. Fachverbände hatten kritisiert, dass Experten aus der Praxis, also etwa Pflegeverbände oder Heimbetreiber, nicht Teil der Arbeitsgruppe seien.

Ministerin Warken erklärte am Freitag, bis Jahresende solle ein Plan erarbeitet werden, wie Pflege bezahlbar und leistungsfähig bleibt. Neue Leistungen werde es nicht geben, sagte sie der Funke Mediengruppe. “Aber wir müssen Wege finden, dass die Heimbetreuung bezahlbar bleibt, dass wir den Menschen helfen, privat vorzusorgen, und dass mehr ambulante Pflege möglich ist.” Die Pflegeversicherung bleibe eine Teilkasko-Versicherung. “Mehr zu versprechen wäre unrealistisch”, erklärte sie.

Laut aktuellen Daten kommen auf einen Leistungsempfänger in der Pflegeversicherung nur noch elf Beitragszahler. 1998 lag das Verhältnis noch bei eins zu 29. 2024 belief sich das Defizit der Pflegeversicherung auf rund 1,5 Milliarden Euro. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung sieht Darlehen von zwei Milliarden Euro in den kommenden beiden Jahren vor, um die Finanzen zu stabilisieren.

Die pflegepolitische Sprecherin der Linken, Evelyn Schötz, warnte davor, bei der Pflege auf dem Rücken der Schwächsten zu sparen. “Das ist keine Sozialpolitik, das ist politische Grausamkeit mit Ansage.” Stattdessen brauche es endlich eine Pflegevollversicherung, die niemanden in Armut stürze.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, sagte, es gebe einen riesigen Reformbedarf. “Denn eine gute pflegerische und gesundheitliche Versorgung ist auch ein wichtiger gesellschaftspolitischer Stabilitätsfaktor für die Menschen – und Stabilität ist in den aktuellen Zeiten besonders wichtig.” In einem ersten Schritt müsse die Pflegeversicherung schnell stabilisiert werden; daher müsse der Bund die Corona-Kosten erstatten und versicherungsfremde Leistungen übernehmen.

Dann müssten dringend Strukturreformen folgen, darunter eine Entbürokratisierung und Flexibilisierung von Leistungen, mehr Prävention und eine Weiterentwicklung der Beratung von Pflegebedürftigen und Angehörigen.

Der Deutsche Pflegerat forderte im Vorfeld, die Eigenständigkeit, Eigenverantwortung und Kompetenzen der Gesundheitsberufe zu stärken. Vor allem die Bundesländer müssten einen Beitrag leisten, damit neue Berufsfelder und Versorgungsmodelle sich durchsetzen könnten, so Präsidentin Christine Vogler.

Der Verband diakonischer Dienstgeber, der Deutsche Evangelische Verband für Altenhilfe und Pflege und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste forderten am Freitag, es brauche dringend kurzfristige Lösungen zur Stabilisierung von Kassen und Pflegeeinrichtungen. Gleichzeitig sei eine Neuausrichtung des Systems unerlässlich.

Die Verantwortung für eine professionelle und zukunftsfähige Pflege dürfe nicht einfach ins private Umfeld der Betroffenen verschoben werden, so der Verband; zugleich brauche es eine offene Debatte über eine stärkere Eigenverantwortung sowie gesamtgesellschaftliche Lösungen – “auch um die Wirtschaft zu stabilisieren und die Angehörigen nicht als Arbeitskräfte zu verlieren”.