Die Kirchen sind nach Ansicht der Grünen-Landtagsabgeordneten Gabriele Triebel mit der Aufarbeitung ihres „institutionellen Versagens“ bei Missbrauchsfällen überfordert. Die Staatsregierung müsse nun eingreifen, weise aber „immer noch jede Verantwortung zur Aufarbeitung und Aufklärung“ von sich, sagte Triebel am Freitag in München. Der Staat habe eine „grundgesetzlich festgeschriebene Wächterfunktion“, das Recht auf Aufarbeitung müsse endlich „im Sinne der Betroffenen festgeschrieben werden“.
Triebel reagierte auf eine Antwort des Justizministeriums zu ihrer Anfrage vom 1. Februar. Darin wollte die Politikerin wissen, ob die bayerischen Ermittlungsbehörden bereits damit begonnen hätten, die ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie „auf strafrechtlich relevante Fälle zu überprüfen“. Die Studie war am 25. Januar vorgestellt worden. Zudem forderte Triebel in ihrer Anfrage Auskunft darüber, welche Ressourcen seitens der Behörden bereitgestellt würden, um die Akten zu sichten, die der Studie zugrunde liegen.
Die Antwort des Justizministeriums ist faktisch wortgleich mit einer Presseinformation des Ministeriums vom vergangenen Freitag (2. Februar). Es verweist auf eine Vereinbarung zwischen bayerischer Landeskirche und der Generalstaatsanwaltschaft München. Danach müssen Akten zu allen Fällen, die von der Anerkennungskommission der Kirche behandelt wurden, den Staatsanwaltschaften mitgeteilt werden. Ausdrücklich gehöre zu der Vereinbarung, dass auch Fälle mitgeteilt werden, die im Rahmen von Studien erstmals ans Licht kommen.
Man habe keine Erkenntnisse darüber, dass diese Vereinbarung „bislang nicht eingehalten wurde“, heißt es in der Antwort weiter. Bereits wenige Wochen vor und auch noch einmal nach Veröffentlichung der Studie habe die Generalstaatsanwaltschaft die bayerische Landeskirche aufgefordert, eine Liste der an die ForuM-Forscher gemeldeten Fälle sowie „Daten zu allen Verdachtsfällen seit 1975“ einzureichen. Ein Kirchensprecher sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch, man werde „auch dieser Bitte entsprechen“.
Grünen-Politikerin Triebel kritisierte, dass die Betroffenen sexualisierter Gewalt „immer noch als Bittsteller auftreten“ müssten: „Das ist eine Schande für alle Verantwortlichen.“ Die Staatsregierung brauche „einen gut ausgestatteten Werkzeugkasten“, um das Recht auf Aufarbeitung und Aufklärung im Sinne der Betroffenen „auch gegenüber den Täterorganisationen durchzusetzen, seien es Kirchen, Heime oder Vereine“, betonte die Landtagsabgeordnete. (00/0468/09.02.2024)